Im richtigen Leben ist Jennifer Linder Referendarin und bringt Schülerinnen und Schülern das Leben bei. Seit Kurzem aber schlüpft sie in ihrer Freizeit auch noch in ein Ehrenamt. Und was für eins: Als Bayerische Mehlkönigin vertritt die 24-Jährige den Bayerischen Müllerbund in der gesamten Republik – mit innerer Überzeugung und mit Begeisterung.
Schließlich stammt die „Monarchin“ aus einer Müllerfamilie, die das Handwerk in vierter Generation ausübt. Ihre Eltern betreiben in Sulzfeld die Lindermühle, Mehl steht dort im Mittelpunkt des Alltags. „Jennifer hat Mehl im Blut“, sagt ihr Vater Andreas Linder, der die Mühle mit seinem Sohn Christian bewirtschaftet.
Erstmals erwähnt wurde die Mühle im Oktober des Jahres 1500, als „Obermühl under dem Dorf gelegen, die Ziegelmühl genannt“, heißt es dazu in der Sulzfelder Dorfchronik. In den Besitz der Familie Linder kam die Mühle im Jahr 1930. Der aus dem Schwäbischen stammende Konrad Linder senior hatte sich auf die Walz durch ganz Deutschland begeben und schließlich auf Grund eines schweren Unfalls in der Sulzfelder Mühle niedergelassen.
Wie wird man Mehlkönigin? „Man besucht eine Fachtagung in Volkach und anschließend den 40. Fränkischen Abend im Kongresszentrum in Würzburg, und schon ist man Mehlkönigin“, lacht Jennifer Linder. „Ich freu' mich schon auf die Aufgaben“, sagt die Königin. Und sie hält sie für wichtig, denn sie sieht im Mehl ein Produkt, das viel zu wenig Aufmerksamkeit und vor allem Wertschätzung erhalte.
Mehl sei ein Handwerksprodukt und benötige viel Arbeit und viele Arbeitsschritte, bevor es – freilich in irgendeiner Form verarbeitet – auf den Tisch kommt. Gerade in Franken habe das Handwerk noch eine Bedeutung. Mehl sei ein regionales Produkt, und das soll es auch bleiben, betont Jennifer Linder. „Ohne Mehl is nix gebacken“, schmunzelt sie, und zieht sich für das Zeitungsfoto eine Schärpe über. „Bayerische Mehlkönigin“ steht in großen Buchstaben darauf.
Mit ihrem Dirndl und der roten Schärpe wirkt die groß gewachsene 24-Jährige in ihrer Rolle sehr überzeugend. Ihr liegt viel daran, das Lebensmittel Mehl zu repräsentieren, und zwar mit dem nötigen Ernst.
Stolz ist Bruder Christian, der als Müllermeister und Müllereitechniker seiner Schwester zur Seite steht und sie unterstützt, wo es geht. Die Familie setzt auf Regionalität. „Wir wissen wo unser Rohstoff herkommt und wo er angebaut wird“, erklärt der Juniorchef. Seine Augen leuchten, wenn er über Mehl spricht. Genau wie bei seiner Schwester. „Wir sind mit Mehl aufgewachsen“, sagt die Sulzfelderin.
Jennifer Linder ist jetzt sehr gespannt, was alles in ihrem Amt als Regentin auf sie zukommt. Auch wenn sie als Referendarin im oberfränkischen Forchheim eine Laufbahn als Lehrerin anstrebt, fühlt sie sich nach wie vor eng mit dem elterlichen Betrieb verbunden und hilft in ihrer Freizeit gerne in der Mühle mit. Die wird jetzt für zwei Jahre gewissermaßen zum Schloss. „Wer will, kann mich gerne daheim besuchen, oder bei uns in der Mühle vorbeischauen und dabei zusehen, wie Mehl gemacht wird, es ist wirklich faszinierend“, lädt die Bayerische Mehlkönigin jedermann ein.
Bayerischer Müllerbund
Der Müllerei-Fachtag für Getreide, Qualitätsbeurteilung, Technologie und Wirtschaft des Bayerischen Müllerbunds vereint alle angeschlossenen Mühlenbesitzer sowie Interessierte aus der gesamten Agrar- und Ernährungsbranche und bestimmt alle zwei Jahre eine Mehlkönigin, die aus einer Mühle stammen muss. Sie wird nicht gewählt, sondern vorgeschlagen. Als Gesicht und als Botschafterin des Grundnahrungsmittels Nummer eins – vom Wasser einmal abgesehen – wird Jennifer Linder die nächsten zwei Jahre deutschlandweit unterwegs sein und auf Messen, Tagungen, Mühlentagen oder auch auf der Grünen Woche in Berlin das bayerische Müllerhandwerk und das Produkt Mehl vertreten. HÄ