Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Rhön-Grabfeld
Icon Pfeil nach unten
Bad Neustadt
Icon Pfeil nach unten

HOHENROTH: Junge Flüchtlinge: Vom Krieg in die Ausbildung

HOHENROTH

Junge Flüchtlinge: Vom Krieg in die Ausbildung

    • |
    • |
    Michael Amiedamhen und Lucky Okotjie haben beim Bauunternehmen Alban Schmitt einen Ausbildungsplatz gefunden.FOTO: Kilian Trabert
    Michael Amiedamhen und Lucky Okotjie haben beim Bauunternehmen Alban Schmitt einen Ausbildungsplatz gefunden.FOTO: Kilian Trabert

    Michael und Lucky haben es geschafft. Vor zwei Jahren sind sie vor dem Bürgerkrieg in Nigeria nach Deutschland geflohen, jetzt werden beide beim Bauunternehmen Alban Schmitt in Hohenroth zu Maurern ausgebildet.

    Und hier gefällt es ihnen richtig gut. „Na, alles klar?“, ruft ein Kollege über den Betriebshof. „Soll ich euch später mit nach Hause nehmen?“, kommt es von der anderen Seite. Michael hebt den Daumen und lacht. Ein High-Five, ein paar Witzeleien. Michael und Lucky sind in einer neuen Heimat angekommen. Endlich.

    „Wir sind sehr erfreut, dass der Umgang mit den Kollegen so gut klappt“, sagt Geschäftsführer Bernd Schmitt glücklich. „Wir können uns in keinster Weise beschweren.“

    Der 18-jährige Michael Amiedamhen ist bereits im zweiten Lehrjahr, Lucky Okotjie, 19 Jahre alt, ist seit September 2016 Auszubildender beim Bauunternehmen. Beide haben sich in Lagos kennengelernt. Gemeinsam sind sie nach Italien geflohen und haben sich anschließend nach München durchgeschlagen. Von dort wurden die beiden nach Bad Neustadt geschickt.

    Nach drei Monaten begann Michael in einem Fast-Food-Restaurant zu arbeiten, um nicht mehr auf staatliche Zahlungen angewiesen zu sein. „Ich will kein Geld dazu, ich komme allein zurecht“, erklärt er. Von diesem Lohn – und dem Verdienst des ersten Lehrjahres – musste er einen Teil an den Staat zurückzahlen. Denn: „Nigeria ist kein anerkanntes Flüchtlingsland“, erklärt Bernd Schmitt.

    Dann sprang ihm ein Freund zur Seite. Nico Geis ist Auszubildender bei der Firma Schmitt und hat Michael in Neustadt kennengelernt. Ihn habe er gebeten, seinen Chef zu fragen, ob er mal ein Praktikum bei ihm machen könne, erinnert sich der 18-Jährige.

    Neuland für die Firma

    Er durfte. „Herr Schmitt ist dann auf die Baustelle gekommen und hat mich gefragt, ob ich eine Ausbildung machen möchte.“ Davon erzählte er seinem Freund Lucky, der die Schule in Bad Kissingen besuchte. Er konnte in diesem September seine Ausbildung beginnen.

    „Wir hatten auch Bedenken, für uns war das absolutes Neuland“, erklärt Bernd Schmitt. „Aber die Jungs sind sehr aufgeschlossen und einfach sympathisch, wir hatten bei beiden das Gefühl, dass sie willig sind und haben ihnen die Chance gegeben“. Doch noch ist das Schicksal der beiden nicht entschieden. Denn: Bisher sind sie in Deutschland nur geduldet, ihre dreijährige Aufenthaltsgenehmigung wurde noch nicht verlängert. „Falls das nicht passiert, wäre die Ausbildung für uns und die Jungs komplett umsonst“, sagt Schmitt eindringlich. Für eine Abschiebung hätte er kein Verständnis. „In unserer Branche ist es schwer, überhaupt Lehrlinge zu bekommen, wir erwarten schon, dass sie dem Betrieb erhalten bleiben. Was wir dafür tun können, werden wir beitragen“.

    Damit Unternehmen bei Fragen rund um die Integration von Asylbewerbern und Geflüchteten einen Ansprechpartner haben, stellt ihnen die Handwerkskammer Unterfranken seit Mai „Willkommenslotsen“ zur Seite. „Wir sind die erste Anlaufstelle für Handwerksbetriebe, die gerne einen Flüchtling ausbilden oder beschäftigen möchten“, erklärt Erna Kleinhenz, Willkommenslotsin für Rhön-Grabfeld.

    „Wir sehen uns die individuellen Eigenschaften von Flüchtling und Betrieb an und bringen dann beide Seiten zusammen.“ Sie freut sich: Das Interesse sei sehr groß. Durch Willkommenslotsen könnten Unsicherheiten in der Belegschaft abgebaut und die Versorgung der Unternehmen mit Fachkräften unterstützt werden, erklärt sie.

    Das Desinteresse an handwerklichen Berufen zwingt die Betriebe, andere Wege einzuschlagen. Auch der Fenster- und Türenhersteller Blaurock in Salz hat sich entschieden, mit Malik Israilow einen Asylbewerber zum Rolladen- und Sonnenschutzmechatroniker auszubilden. Und das war nicht so einfach, erinnern sich die Geschäftsführer Katrin Hemmerlein und Rainer Reichert.

    Behörden-Wirrwarr

    Von der Agentur für Arbeit wurden sie ans Landratsamt verwiesen, von dort wieder zurück. „Es war etwas verwirrend, keiner wusste so wirklich, wo es langgeht“, sagt Rainer Reichert. Mit Unterstützung der Handwerkskammer hat es geklappt: „Es ist gut, dass ich etwas lerne“, freut sich Malik. Der 18-Jährige ist zusammen mit seiner Familie vor dem Bürgerkrieg in Tschetschenien geflohen, jetzt leben sie in Mühlbach.

    Über einen befreundeten Monteur hat er Blaurock entdeckt. Die Geschäftsführer und auch Denis Vogel, der mit ihm ausgebildet wird, helfen, wo sie können. „Denis spricht Russisch und hilft mir in der Schule“, erklärt Malik. Vor allem die vielen Fachbegriffe im Handwerk sind gar nicht so einfach zu lernen, weiß Reichert. Er ist froh, einen lernbegierigen Lehrling gefunden zu haben. „Es ist geplant ihn zu übernehmen“. Auch bei Malik steht noch nicht endgültig fest, ob er in Deutschland bleiben darf. Reichert: „Ich denke, die Chancen stehen gut. Wir hoffen, dass du dableiben kannst.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden