Jeder weiß, dass viele wild lebende Tier- und Pflanzenarten in der freien Natur vom Aussterben bedroht sind oder bereits ausgestorben sind. Der Gedanke des Artenschutzes an sich ist also nichts Neues. Doch weitaus weniger bekannt ist, dass auch zahlreichen alten Haus- und Nutztierrassen in unserer unmittelbaren Umgebung, vor allem in der Landwirtschaft, ein ähnliches Schicksal droht: zu verschwinden.
Wer nach einem Rhöner Nutztier sucht, der denkt sofort an das Rhönschaf. Doch es gibt viele weitere regionale Rassen, die die Menschen in der Rhön über Jahrhunderte zu schätzen wussten. Vom gelben Frankenvieh über das Coburger Fuchsschaf bis zur Thüringer Mäuser-Taube reicht da das Spektrum. Sie und viele andere heute doch weithin unbekannte Rassen waren über Jahrhunderte aufs Engste mit den Menschen und der kargen Landschaft der Rhön verbunden und haben dazu beigetragen, den Lebensunterhalt der bäuerlichen Bevölkerung zu sichern.
„Die verbliebenen Bestände der alten Haus- und Nutztierrassen sind ein einzigartiges Kulturgut und stehen deshalb besonders im Fokus unseres Interesses“, unterstreicht Michael Geier, Leiter der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön. „Die Erhaltung genetischer Ressourcen war der erste Auftrag, den die Unesco den Biosphärenreservaten in den 70er-Jahren mitgegeben hat.“
Vor diesem Hintergrund hat das Biosphärenreservat in Zusammenarbeit mit Experten die Ausstellung „Rassige Raritäten. Alte Haus- und Nutztierrassen in der Rhön“ erstellt, die jetzt in Oberelsbach im Haus der Langen Rhön präsentiert wird. Fotografien des Rhöner Fotokünstlers Jürgen Holzhausen und erläuternde Text-Tafeln stellen dem Besucher die Tiere und deren Halter vor.
Passend zur Ausstellung ist für den Besucher eine anschauliche Broschüre des Biosphärenreservats Rhön erhältlich, in der einige der gefährdeten heimischen Haus- und Nutztiere portraitiert werden.
Die Ausstellung „Rassige Raritäten“ im Haus der Langen Rhön in Oberelsbach ist bis zum 12. September zu sehen. Öffnungszeiten sind täglich außer dienstags von 10 bis 17 Uhr. Die Broschüre „Rassige Raritäten“ ist in allen Infozentren des Biosphärenreservats gratis erhältlich.
Seltene Haustierrassen Wie in allen Regionen haben auch die Menschen in der Rhön Tiere ihrer natürlichen Umgebung zu nutzen gelernt. So entstand durch gezielte Züchtung eine einzigartige Vielfalt an Tierrassen mit speziell ausgeprägten Eigenschaften – optimal an die jeweiligen Klima-, Futter- und Landschaftsverhältnisse angepasst. Und sie wurden den jeweiligen Ansprüchen und Nutzungsbedürfnissen des Menschen gerecht – sei es als Nahrungsquelle, als Rohstofflieferant, als Helfer bei der Arbeit oder aber als Partner für besondere Aufgaben. Die differenzierte Vielfalt an Tierrassen hatte zumeist ganz charakteristische und individuelle Eigenschaften. In der modernen Welt, in der vor allem große Mengen an billigen Lebensmitteln gefragt sind, können die seit Alters her gezüchteten Rassen nicht mehr mithalten. Sie werden von Hochleistungsrassen verdrängt, die sich zur globalen Vermarktung eignen. So ist die Situation für die meisten traditionellen Nutz- und Haustierrassen dramatisch. Viele von ihnen sind vom Aussterben bedroht, andere bereits gänzlich verschwunden. Allein in Deutschland stehen derzeit über 100 auf der „Roten Liste der gefährdeten Nutztierrassen“. Als Gegenbewegung entstanden Initiativen und Projekte, deren Ziel es ist, diese Entwicklung zu stoppen und die bunte Vielfalt unserer alten Nutz- und Haustierrassen zu erhalten und zu fördern. Ihre Erhaltung ist nicht nur eine Frage der Ethik, sondern auch der Zukunftssicherung sowie der kulturellen, landwirtschaftlichen und kulinarischen Diversität.