245 000 Euro waren wohl doch etwas zu teuer – das Gelände des ehemaligen Bürgerlichen Brauhauses Mellrichstadt ist am Donnerstagabend bei einer öffentlichen Grundstücksauktion in Berlin nicht versteigert worden.
Der sechsstellige Betrag war als Mindestgebot für das 5800 Quadratmeter große Areal zwischen der Meininger Landstraße und der Stockheimer Straße aufgerufen worden. Bieter im Saal des Abba-Hotels in Berlin-Charlottenburg – etwa ein Dutzend Neugierige waren da – gab es zu diesem Preis allerdings nicht. Auch an den Telefonen, über die jene mitbieten können, die nicht nach Berlin kommen, blieben die Hände unten.
Damit bleibt das Schicksal des Geländes, auf dem vor rund 50 Jahren noch Bier gebraut worden war, weiter offen. Derzeit stehen noch ein ehemaliges Wohngebäude, eine Scheune, die ehemalige Flaschenfüllerei sowie Garagen, alle anderen Gebäude waren laut Exposé 2008 abgerissen worden. Auch der Brauereikeller wurde vor zehn Jahren aus Sicherheitsgründen verschlossen. Alle Gebäude seien sanierungsbedürftig, heißt es weiter. Aktuell gibt es dort einen Gewerbemieter.
Startpreis zu hoch?
Vor allem der hohe Startpreis dürfte die Interessenten abgeschreckt haben. Bei den Auktionen des Veranstalters, der Deutsche Grundstücksauktionen AG, werden oft sanierungsbedürftige Häuser und Eigentumswohnungen in Kleinstädten und auf dem weiten Land angeboten, bei denen die Einstiegspreise wesentlich tiefer liegen. Mit dem Kaufpreis wäre es nicht getan gewesen; der Käufer hätte zusätzlich auch noch Maklercourtage, Grunderwerbssteuer und Notarkosten tragen müssen.
Warum das Objekt im fernen Berlin versteigert wird, erklärte Auktionatorin Katja Heringshausen mit den „guten Erfahrungen“, die der Eigentümer beim Verkauf anderer Objekte mit dem Auktionshaus gemacht habe. „Der Eigentümer war bisher sehr zufrieden“, sagte Heringshausen gegenüber dieser Redaktion. Bezüglich des Startpreises betonte sie, dass dort Bauland verkauft werde. Es könne noch in den nächsten beiden Monaten beim Auktionshaus, der Deutschen Grundstücksauktionen AG, ersteigert werden.
Das ehemalige Brauhaus-Areal liegt laut Angaben der Verwaltungsgemeinschaft Mellrichstadt im Innenbereich und ist als Mischgebiet ausgewiesen. Damit wären grundsätzlich neben Wohnungsbau auch nichtstörende Gewerbebetriebe möglich. Eine bemerkenswerte Einschränkung für die künftige Bebauung wurde allerdings kürzlich in das Grundbuch eingetragen. Danach darf auf dem Verkaufsgrundstück keine Gast- oder Schankwirtschaft oder eine sonstige Vertriebsstelle für Getränke aller Art betrieben werden. Offenbar will der Eigentümer damit ein mögliches Konkurrenzunternehmen ausschließen. Wie weit diese Einschränkung reicht, ob sie auch Lebensmittelläden oder Supermärkte umfassen würde, blieb am Donnerstag offen.
Zur Geschichte des Bürgerlichen Brauhauses
Das Bürgerliche Brauhaus war 1840 gegründet worden. Es überstand im Laufe der Jahrzehnte verschiedene Besitzer und einige Insolvenzen. 1921 erlangte es eine gewisse Stabilität durch Heinrich Ruby. Der damalige Direktor der Mellrichstädter Malzfabrik kaufte das Brauhaus für 800 000 Reichsmark aus einer Insolvenz heraus. Ruby starb 1940 – am Tag, als das 100-jährige Bestehen des Bürgerlichen Brauhauses gefeiert werden sollte, erinnert sich Peter Heid an seinen Urgroßvater. Rubys Erbe, der Bruder von Heids Großvater, fiel im Zweiten Weltkrieg in Rußland. „Nun war kein Brauereifachmann mehr da“, blickte Peter Heid in einem Gespräch mit dieser Redaktion zur Geschichte des Bürgerlichen Brauhauses 2015 zurück.
Trotzdem überstand der Betrieb die Kriegswirren – mit einem Verwaltungsrat und fremden Fachleuten. Ab 1940 führte ihn eine Erbengemeinschaft. Die familieneigene Braumeistertradition setzte erst wieder Peter Heid fort. 1962 begann er zu studieren, zwei Jahre später trat er in den Familienbetrieb ein. Doch Heid blieb nur zwei Jahre. Dann trieben ihn Familienstreitigkeiten fort, wie er berichtete.
1968 kaufte die Streck-Bräu in Ostheim die Immobilien des Bürgerlichen Brauhauses und auch die Biermarke, die bald darauf erlosch. Die Brauereigebäude in der Meininger Landstraße standen lange leer. 2007 wurde mit dem Abriss des eigentlichen Brauhauses begonnen. Heute steht nur noch das ehemalige Lager.