„Ich bin nicht nur wegen der Gedenkfeier am Dönitz-Grab der Ansicht, dass der Bund Junges Ostpreußen eine rechtsextrem orientierte Vereinigung ist, denn es gibt weitere Anhaltspunkte für diese Einschätzung,“ erklärt Bördlein gegenüber der MAIN-POST. Der 39-jährige Pädagoge hat sich in den vergangenen Tagen ein Bild gemacht von der Jugendorganisation der „Landsmannschaft Ostpreußen“. Lange brauchte er nicht zu suchen: Zum größten Teil fand er die Informationen auf den Internet-Seiten des BJO, der rund 600 Mitglieder hat.
Auslöser für Bördleins Recherche war eine Klassenreise von polnischen Schülern Anfang Mai, die sie auch ins Grabfeld führte. Organisiert wurde die Tour von Rainer Claaßen aus Wülfershausen, dem Vorsitzenden des BJO-Regionalverbandes Süd. Die Stadt Bad Königshofen bereitete der Reisegruppe einen Empfang. In Wülfershausen wurde ein Fest gefeiert. Bürgermeister Schön überreichte an Claaßen einen Scheck in Höhe von 100 Euro (wir berichteten).
Andreas Bördlein stößt sich nicht an Klassenfahrten von Polen nach Deutschland oder umgekehrt. „Ein intensiver Jugendaustausch ist im Sinne der Völkerverständigung heute wichtiger denn je“, betont er. „Er sollte aber ohne einen fragwürdigen politischen Hintergrund erfolgen.“
Der Gymnasiallehrer kritisiert neben der „Geburtstagsfeier“ am Döniz-Grab auch die Kontakte des BJO zu Buchautoren wie Gerd Schultze-Rhonhof, den er der extremen Rechten zurechnet. 2005 habe Schultze-Rhonhof der „Nationalzeitung“ ein Interview gegeben. Im Oktober 2006 sei er vom BJO zu einem politischen Seminar eingeladen worden. „In seinem Buch leugnet der Autor die Kriegsschuld und Expansionspolitik Deutschlands“, so Bördlein.
Befremdlich sei für ihn außerdem, dass sich der „Bund Junges Ostpreußen“ für ein von Deutschen dominiertes autonomes Gebiet namens Euroregion Prussia ausspricht. Junge Deutsche würden sogar dazu animiert, die ehemaligen Ostgebiete gewissermaßen zurückzukaufen. „Ich finde es jedenfalls bedenklich, wenn Vertreter dieser Organisation mit offenen Armen empfangen werden und würde mir wünschen, in Zukunft größere Vorsicht walten zu lassen“, so Bördlein.
Rainer Claaßen ist seit sieben Jahren BJO-Mitglied und sitzt im Bundesvorstand der Organisation. Gegenüber der MAIN-POST bestätigt er Bördleins Recherchen, ordnet sie aber völlig anders ein. „Beim Gedenken am Grab von Karl Dönitz ging es nicht um die Ehrung des Nazis Dönitz, sondern darum, dass dieser Mann sich bei Kriegsende über Weisungen hinweggesetzt und die Rettung vieler Menschen per Schiff und Flugzeug angeordnet hat.“ Ob ein Autor wie Schultze-Rhonhof der extremen Rechten zuzuordnen sei oder nicht, darüber lasse sich trefflich diskutieren. „Ich hätte jedenfalls kein Problem damit, ihn einzuladen, schließlich leben wir ja in einer Demokratie“, meint Claaßen. Auch Gedankenspiele über eine Euroregion Prussia seien durchaus legitim. Den Vorwurf, sein Bund sei eine rechtsextrem orientierte Organisation, weise er jedenfalls ebenso zurück wie die Behauptung, die Organisation werde vom Verfassungsschutz beobachtet.
Bürgermeister Peter Schön hat trotzdem Konsequenzen gezogen, nachdem auch er sich Informationen über den BJO eingeholt hatte. „Ich habe den bei der Feier überreichten Scheck sperren lassen und will jetzt versuchen, mit Rainer Claaßen ins Gespräch zu kommen“, so Schön. Schließlich sei gegen solche Klassenfahrten prinzipiell nichts einzuwenden. „Eine Organisation, deren Mitglieder sich am Grab eines Kriegsverbrechers treffen, können wir aber beim besten Willen nicht finanziell unterstützen.“