„Ich habe innerhalb von nur drei Jahren die Ausbildung zur Kfz-Techniker-Meisterin bewältigt“, erzählt Sonja Bleuel aus Aschaffenburg, Absolventin des Ausbildungsgangs „Abi + Auto“ in Landsberg am Lech. Ein solches Angebot für ganz Nordbayern wird es ab dem Schuljahr 2013/14 an der Heinrich-Thein-Schule, dem Staatlichen Beruflichen Schulzentrum in Haßfurt, geben.
Dann können Schüler mit Allgemeiner oder Fachhochschulreife, wenn sie einen geeigneten Ausbildungsbetrieb gefunden haben, in zweieinhalb Jahren eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker abschließen und gleichzeitig eine Qualifizierung zum Kfz-Servicetechniker beginnen. Spätestens nach vier Jahren – individuell auch früher – können sie die Meisterprüfung ablegen und eine Ausbildung zum Betriebswirt im Handwerk anschließen. „Ideal ist diese Ausbildung vor allem für Familienbetriebe, die einen Nachfolger suchen“, sagte Frank Weth, Geschäftsführer der Handwerkskammer (HWK) für Unterfranken, bei der Vorstellung des Ausbildungsgangs in der Heinrich-Thein-Schule. „Immerhin sind 6500 Inhaber von den insgesamt 18 500 Betrieben in Deutschland über 50 Jahre alt und haben teilweise Probleme, einen geeigneten Nachfolger zu finden.“
Alternative zum Studium
Der Markt benötige die Ausbildung „Abi + Auto“. Weil dabei Aus- und Fortbildung so eng verzahnt seien und er eine gleichwertige Alternative zum Studium bilde, habe sich der HWK-Berufsbildungsausschuss sofort mit der Heinrich-Thein-Schule, dem Landkreis Haßberge als Sachaufwandsträger, der Kfz-Innung Unterfranken und der Regierung von Unterfranken dafür ausgesprochen. „In Haßfurt gibt es mit der Fachakademie Schweinfurt (FAS) eine ideale Lernstruktur“, betonte Frank Weth.
Ein wenig „Geburtshilfe“ für Haßfurt hat MdL Bernd Weiß geleistet. Denn Bayreuth und vor allem Ansbach waren ernsthafte Konkurrenten. „Für mich war wichtig, dass die Ausbildung in einem ländlichen Raum stattfinden kann“, sagte er, „denn das ist zukunftsweisend für den Raum Haßberge.“
Dass die berufliche Qualifikation der Jugendlichen im Kreis oberste Priorität habe, betonte Landrat Rudolf Handwerker: „Eine fundierte Ausbildung ist der Schlüssel zum Arbeitsmarkt und sie entscheidet letztlich auch über die wirtschaftliche Entwicklung unserer ganzen Region.“ Die Berufsschule Haßfurt habe für dieses Programm einen besonderen Pluspunkt, denn seit Jahren bestehe dort die Sprengelbeschulung der Kfz-Mechatroniker mit Schwerpunkt Nutzkraftwagen (NKW)-Technik für ganz Unterfranken. Zusammen mit dem Meisterkurs im Schwerpunkt Nutzfahrzeug-Technik an der FAS biete sich damit bayernweit die einzigartige Chance, die Karriere in der Nutzfahrzeugbranche zu beginnen.
Gottfried Reuß, Ausbildungsberater der Kfz-Innung Unterfranken, sagte, dass Betriebe in erster Linie Führungskräfte gewinnen und die Nachfolge sichern wollten. Nur fünf Prozent der Auszubildenden im technischen Bereich seien Abiturienten. „Dies kann sich jetzt ändern.“
Auch Sonja Bleuel ist nun gerüstet für die spätere Übernahme des Betriebs: „Ich fand es gut, dass die praktische Ausbildung nicht zu kurz gekommen ist. Von Vorteil war auch, dass ich in kürzester Zeit zum Meisterbrief gekommen bin. 'Abi+Auto' hat mir die geniale Chance geboten, in nur drei Jahren alle vier Teile der Meisterprüfung abzuschließen.“
„Normalerweise“, so Oberstudienrat Christoph Lindner, Abteilungsleiter Kfz-Technik an der Heinrich-Thein-Schule, „ist zunächst eine zweieinhalbjährige, verdichtete Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker vorgesehen.“ Doch schon während dieser Zeit beginne die Qualifizierung zum geprüften Kfz-Servicetechniker, die nach einem weiteren halben Jahr abgeschlossen werden könne. Dem könnten die Meisterprüfung und anschließend die Qualifikation zum Betriebswirt im Handwerk folgen. Er erläuterte die Ausbildung, die Blockunterricht in der neuen Projektklasse in Haßfurt und eine überbetriebliche Ausbildung an der FAS beinhaltet.
Der Schwerpunkt liege nicht auf der Instandhaltung und Diagnose, sondern im fachpraktischen Bereich. Wie die Qualifizierung aussehen soll, müssten die Lehrlinge mit ihrem Ausbildungsbetrieb klären. Für die Projektklasse seien mindestens 16 Schüler notwendig. Untergebracht würden sie im Hotel Mathes in Haßfurt, berichtete Schulleiterin Heidrun Görtler. Die Kfz-Abteilung hätte 201 Schüler in neun Klassen.
„Ich finde dieses Angebot sehr gut“, erklärte Rudolf Hart, der bei einem Haßfurter Autohaus arbeitet. „Denn der Beruf des Kfz-Mechatronikers ist sehr anspruchsvoll und es wird immer schwieriger, gute, motivierte Lehrlinge zu finden.“ Seine Frau Layana Hart, die für die Einstellung zuständig ist, ergänzte: „Wir sind grundsätzlich bereit, Abiturienten auszubilden. Aber sie dürfen nicht die Illusion haben, dass sie nach der Meisterprüfung sofort einen Meisterplatz bekommen. Denn es fehlt ihnen die praktische Erfahrung. Aber nach sieben, acht Jahren könnte ihnen, wenn auch ihre soziale Kompetenz ersichtlich geworden ist, eine Führungsposition angeboten werden.“