Für die meisten Menschen hat alles im Leben zwei Seiten, für Hellmut Hattler sind es vier Saiten – Mindestens. Seit 40 Jahren ist der 59-Jährige nicht nur Bassist der legendären Band „Kraan“ - er gilt auch seit Jahrzehnten als Großmeister der Bassgitarre. Wie kaum einanderer beherrscht er die vier dicken Saiten. Seine virtuosen und enorm vielfältigen Bassläufe hat er auf zahlreichen Side-Projekten verewigt. Zurzeit ist der umtriebige Ulmer wieder mit seiner ersten musikalischen Liebe „Kraan“ unterwegs. Am kommenden Samstag um 20 Uhr spielt „Kraan“, inzwischen ein Trio, aber dafür in Originalbesetzung, im Bildhäuser Hof in Bad Neustadt. Wir hatten im Vorfeld die Gelegenheit mit Hellmut Hattler, einem der besten Bassisten seiner Zeit, zu sprechen.
Frage: Herr Hattler, sie hatten in den vergangenen Jahren mit Formationen wie „Tab Two“ oder „Hattler“ erfolgreiche neue Projekte am Start. Warum auch nach so vielen Jahren immer wieder die Rückkehr zu „Kraan“?
Helmut Hattler: Mit „Kraan“ zu spielen ist immer wie eine musikalische Heimkehr, der ganz eigene Stil der Band ist mir trotz all der Sologeschichten immer enorm wichtig gewesen. Bei „Kraan“ ist die Summe größer als die Einzelteile, man hört die Personen die dahinter stehen. „Kraan“ in dieser Form mit den Brüdern Peter Wolbrandt an den Gitarren und Jan Fride Wolbrandt am Schlagzeug ist eine musikalische Grundhaltung. Wenn das alles stimmt, wenn die Leute spüren, dass etwas authentisch ist, dann bekommt man genau dieses Signal aus dem Publikum zurück. Es ist interessant zu sehen, dass immer wieder neue und zunehmend junge Leute um die 20 in die Konzerte kommen, die offensichtlich genau diese Authentizität suchen.
Sie haben unlängst mit dem Gitarristen der Rodgau Monotones ein Jazzrock-Album gemacht, wenig später ein stilistisch ganz anderes Album mit der Gospel-Sängerin Siyou. All ihre Projekte in all den Jahren aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Welche musikalischen Visionen bleiben noch, wenn man schon so vieles gemacht hat.
Hattler: All diese Projekte sind entstanden, weil Freundschaften dahinterstehen und weil es sich letztlich um gute Musik handelt. Wenn Leute, die Musik in irgendeiner Form machen auf mich zukommen, dann spürt man das schon ob dabei was echtes herauskommt. Es ist auch für mich immer wieder eine schöne Erfahrung neue Sachen auszuprobieren. Überall steckt Musik drin und letztlich gibt es nur gute und schlechte. Mal sehen, was noch alles kommt.
Als Kraan-Fan habe ich alle 17 Original-CDs, die Best of „The famous years compiled" und das Hattler-Soloalbum „Bassball“ im Schrank stehen. Welches sollte ich auf die berühmte einsame Insel mitnehmen?
Hattler: Das mit der Lieblingsmusik ist immer so eine ganz emotionale Sache. Da möchte ich niemanden zum Beispiel seine Abba-Platte madig machen, die ihm zu einer bestimmten Zeit in seinem Leben aus einem bestimmten Grund eben ganz wichtig war. Als ich mal so richtig verliebt war, habe ich zum Beispiel viel Nick Kershaw gehört und so was bleibt dann auch persönlich hängen. Für viele Kraan-Fans wird ewig die erste Live-Platte die Wichtigste sein, die hat sich auch bei Weitem am besten verkauft. Auch die neue „Diamonds“ hat so eine ganz besondere relaxte Grundstimmung, die mir sehr gut gefällt. So ab 2000 klingt die Band wie nach einer Frischzellenkur, was sich auch am jüngeren Publikum bemerkbar macht. Musikgeschmack ist immer eine ganz persönliche Kiste, da muss sich jeder schon selber Gedanken machen, was er mit auf die Insel nimmt.
Auf was können sich die Konzertbesucher am Samstag in Bad Neustadt im Bildhäuser Hof freuen?
Hattler: Auf Kraan live eben. Wir haben auch immer noch sehr viel Spaß die älteren Sachen zu spielen. Stücke wie „Holiday am Marterhorn“ oder „Andy Nogger“ sind eigentlich fast immer dabei, in letzter Zeit spielen wir auch wieder öfter „Kraan Arabia“, was jahrelang nicht im Programm war. Vieles ergibt sich auch spontan auf der Bühne, da sind wir nicht so festgelegt.
Letzte Frage: Wie dick ist die Hornhaut an den Fingern, wenn man 40 Jahre intensiv die vier dicken Tieftöner-Saiten bearbeitet hat?
Hattler: Das hat die Natur schon prima geregelt. Auf Tournee bildet sich schon eine Hornhaut, wenn ich mit den Fingerkuppen auf einen Tisch klopfe, hört sich das an, als wären es Nägel. Das bildet sich aber auch wieder zurück, wenn es ruhiger zugeht. Was gebraucht wird, wird eben entwickelt, so ist die Natur eben und das klappt hervorragend.
Das Konzert im Bildhäuser Hof beginnt am morgigen Samstag, 16. Juli, um 20 Uhr. Im Vorprogramm ist die Band „Hot Potatoes“ aus Hollstadt zu sehen. Karten an der Abendkasse und unter: www.kulturwerkstatt.net