Alev Kowalzik kneift die Augen zu und lacht. Die Wolken verziehen sich hinter der tief stehenden Sonne am Horizont und blendet in das Gesicht der Diplom-Psychologin und Musiktherapeutin. Einen Lebenstraum hat sie sich in Wargolshausen gemeinsam mit ihrem Mann Bert erfüllt: Sie leben in einem Sonnenhaus.
Wenn die Sonne scheint, ist Alev Kowalzik glücklich. „Das liegt vielleicht an den mediterranen Wurzeln meiner Frau“, meint Bert Kowalzik. Das Sonnenhaus ist ihr großes gemeinsames Projekt. Ein Haus dieser Größe braucht, ausgestattet mit einer Ölheizung, rund 3000 Liter Heizöl im Jahr. Kowalzik's brauchen kein Heizöl. „Nur rund vier Ster Holz über den Winter verheizen wir zusätzlich“, sagt die Psychologin und fügt hinzu: „Alles andere wäre für uns undenkbar.“ Das Ehepaar liebt die Natur, lebt im Einklang mit ihrer Heimat. Nicht nachwachsende Energiequellen zu verbrennen, ist für das Paar unverantwortlich. Insgesamt 50 Quadratmeter Sonnenkollektoren und 60 Quadratmeter Photovoltaikanlage hat Klaus Schmitt aus Kleineibstadt auf dem Hausdach und Schuppen nebenan verbaut. Die Wärme aus den Solarkollektoren wird in einem 15 000 Liter Wasser fassenden Langzeit-Solarspeicher eingelagert. Die Photovoltaikanlage hat gleichzeitig im zurückliegenden Jahr über 8200 Kilowattstunden Strom produziert, der Eigenverbrauch lag bei nur 7200 Kilowattstunden.
Je nach Sonnenschein produziert die Photovoltaikanlage mehr Strom als die Eheleute selbst brauchen können. Der Strom wird dann ins Netz eingespeist. Wird die Sonne von Wolken verdeckt, kommt der Strom aus dem öffentlichen Netz.
Das 1000. Sonnenhaus in Deutschland hat das Ehepaar aus Wargolshausen im April vergangenen Jahres gebaut und ziehen nüchterne, aber erfreuliche Bilanz: „Wir bereuen es keine Sekunde.“ Auch der Standort hätte besser nicht sein können. „Die Wargolshäuser sind sehr offen, solidarisch und sind eine starke Gemeinschaft. Wir waren sofort willkommen“, erinnert sich der Psychotherapeut.
Die hohen Investitionskosten des Sonnenhauses werden sich auch finanziell irgendwann auszahlen. Irgendwann, wann genau ist nicht genau klar. Das ist auch nicht das ganz entscheidende Kriterium für den Bau des Sonnenhauses gewesen. Viel wichtiger sei das bewusste Leben im Einklang mit der Natur.
Dazu gehören auch die vier Esel, die in Wargolshausen eine neue Heimat haben. „Eselsbrücke“ nennen Alev und Bert Kowalzik ihr Projekt. Die Tiere sind Teil der psychotherapeutischen Arbeit und können gestressten Menschen helfen wieder mehr zu sich zu finden. Das energetische Gesamtkonzept ausgearbeitet hat Ingenieur Wolfgang Hilz aus Zwiesel und Energieberater Klaus Schmitt aus Kleineibstadt.
Eine wesentliche Rolle spielte dabei auch Architekt Achim Wüst aus Heustreu. „Eine von vielen Aufgaben bei der Planung eines Sonnenhauses ist zum Beispiel die sinnvolle Unterbringung des 15 000 Liter fassenden Langzeit-Solarspeichers“, so Wüst. Bei der Gebäudeplanung gilt es durch eine wohlüberlegte Architektur die Eigenschaften des Sonnenhauses bestmöglich zu nutzen.
An dem Hausprojekt haben ganz bewusst vor allem Handwerker aus der Region erfolgreich zusammengearbeitet. Rund 3000 Meter Heizungsrohre sind als Fußbodenheizung in den Räumen des Hauses verlegt, um die Wärme gleichmäßig zu verteilen. Alle Informationen laufen im Flur des Hauses versteckt hinter einer weißen Holztür zusammen: Die Steuerzentrale ist das Herz des Systems. Über einen Computer sehen die Hausherren, wie viel Strom die Photovoltaikanlage gerade produziert.
Die Technik ist kompliziert aber effektiv: Über ein Bus-System der Firma Müller aus Salz etwa werden alle Heizkreise so gesteuert, dass es am sinnvollsten ist. Gerade im milden Winter mit vielen Sonnenstunden war das Ergebnis besser als zu dieser Jahreszeit sonst üblich.