Sehr geehrter Herr Diestel, in Ihrer Funktion als Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands kamen Sie per Leserbrief Ihrer Aufgabe nach, die Sorgen der Landwirte über Einschränkungen zur Bewirtschaftung von Hochrhönwiesen zu formulieren. Grundsätzlich schätze ich den Einsatz für unsere Landwirte. Allerdings hätte man von Ihnen eine saubere Recherche der Fakten zur landwirtschaftlichen Förderung erwarten können.
Thematisch ging es darum, ob Gärsubstrat aus Biogasanlagen die Artenvielfalt der bunten Hochrhönwiesen verändert und die Stadt Fladungen als Grundstückseigentümer bei der Verpachtung ihrer Flächen Rücksicht auf diesen Sachverhalt nehmen sollte.
Sie bezeichnen Gärsubstrat als „wertvollen Naturdünger“ – durch die landwirtschaftliche Brille gesehen liegen Sie richtig. Bei Gülle ist der Effekt für die Wiesenvegetation durchaus vergleichbar. Die Bergwiesen der Hohen Rhön sind aber deshalb so artenreich, weil über Generationen hinweg ein Nährstoffentzug durch die jährliche Mahd stattgefunden hat und allenfalls mit wenig Festmist gedüngt wurde. Intensive Düngung führt auf diesen Flächen zu ertragreicherem Einheitsgrünland für den Preis, dass die bunte Vielfalt verschwindet.
Ihre Aussage zum Einfluss von einzelnen Kuhfladen auf die Vegetation vor dem Hintergrund eines 25 000 Liter Pumpwagens zur Gärsubstratausbringung wurde im Leserbrief von Karl Sturm schon treffend bewertet. Das bisherige System des Nährstoffentzugs wird sogar umgedreht: Vor allem Stickstoff, der auf tiefer gelegenen Ackerflächen gewonnen wurde, soll nun auf die Hochrhön verfrachtet werden. Warum? – Weil die Ackerflächen sofort nach der Ernte wieder bestellt werden und deshalb nur für einen sehr kurzen Zeitraum zur Düngung mit Gärsubstrat befahrbar sind!
Und das Problem: Wir stehen erst am Anfang dieser Entwicklung, dass aus der Not heraus – „wohin mit dem Gärsubstrat“ – dieses dann einfach auf Grünland ausgebracht wird. Laut Unterer Naturschutzbehörde wurden bereits erste artenreiche Bergmähwiesen aus dem Vertragsnaturschutzprogramm genommen, um die Nutzung durch Ausbringen der Gärmasse zu intensivieren. Die in Ihrem Leserbrief erwähnte Rücksprache mit der Unteren Naturschutzbehörde und die Aussage, dass dort angeblich Gärsubstrat nicht als Problem für die Artenvielfalt der Rhöner Wiesen gesehen wird, wurde nach meiner dortigen Rückfrage als unrichtig bezeichnet. Eine Düngung von Hochrhönwiesen mit Gärsubstrat wird auch dort sehr kritisch gesehen. Bekannt geworden sind bisher wenige Fälle im Umfeld vom Rhönhof und der Sennhütte, aber wehret den Anfängen . . .
Die entscheidende Frage ist doch, welche Ziele die Stadt Fladungen auf ihren Hochrhönflächen verfolgt. Ist es im öffentlichen Interesse, bunte Blumenwiesen in ertragreiche Grasflächen umzuwandeln? Ist es im Sinne der Bevölkerung, wenn die Hochrhönwiesen von Großbetrieben zur Entsorgung von Gärsubstrat genutzt werden? Bürgermeister samt Stadtrat müssen sich auch die Frage stellen, was der Gast in der Sennhütte lieber sieht, wenn er aus dem Panoramafenster blickt. Völlig emotionsfrei kommt hinzu, dass die Wiesen nach der FFH-Richtlinie geschützt sind. Sie sind nämlich als besonders wertvolles Berggrünland kartiert und dürfen nicht in ihrer Qualität beeinträchtigt werden.
Bezüglich der Fördereinschränkungen bei Auflagen durch die Gemeinde ist Ihre Aussage schlichtweg falsch. Eine Nachfrage beim AELF in Bad Neustadt bestätigt eindeutig, dass „privatrechtlich vereinbarte Bewirtschaftungsbeschränkungen (wie in Pacht-/Nutzungsüberlassungsverträgen) der staatlichen Förderung von Agrarumweltmaßnahmen nicht entgegenstehen“. Das bedeutet, dass Landwirte, die sich beim Vertragsnaturschutzprogramm oder dem Kulturlandschaftsprogramm beteiligen, auf die volle Förderhöhe kommen.
Als Gebietsbetreuer der Langen Rhön, aber auch als Bürger der Stadt Fladungen plädiere ich dafür, die wertvollsten Flächen unserer Heimat nicht für die „industrielle“ Landbewirtschaftung zu verpachten. Keine Entsorgungsflächen auf der Hochrhön!
Torsten Kirchner, Rüdenschwinden