Bei einem Grad Minus haben Joachim Mölter, Jürgen Haupt und Azubi Nathan Stanzel klamme Finger. Trotzdem arbeitet das Team vom Überlandwerk Rhön im Freien. Die drei sind mit einer Hebebühne in der Rathgeberstraße in Oberelsbach unterwegs und installieren die neue Straßenbeleuchtung. Aber es sind nicht irgendwelche Lampen, die da montiert werden. Straßen und Gehwege in ganz Oberelsbach sind künftig nächtens LED-beleuchtet.
Wenn die drei Mitarbeiter des Überlandwerks jetzt die alten Lampenköpfe vom Mast abmontieren, die neuen daran befestigen und die Kabel anklemmen, ist das der letzte Schritt eines aufwendigen Projektes, mit dem sich Oberelsbach wieder einmal als Schrittmacher in der Region erweisen will: Der Markt ist die erste Kommune in der Region, die ihre Straßenbeleuchtung komplett auf diese moderne Technik umstellt.
Der letzte Schritt deshalb, weil man sich in Oberelsbach schon vor Jahren Gedanken über eine neue Straßenbeleuchtung machte. Zunächst ging es darum, wie Marc Huter von der Oberelsbacher Verwaltung betont, dass die teils mehr als 40 Jahre alten Lampenkörper ausgetauscht und die Lichtquellen vereinheitlicht werden sollten.
Unter maßgeblicher Mitarbeit von Bauhofleiter Michael Sperl wurde eine umfassende Bestandsaufnahme erstellt, ein Konzept mit dem Büro Energievision Franken entwickelt und nach langen intensiven Beratungen im vergangenen Jahr vom Gemeinderat einstimmig die Umstellung der kompletten Straßenbeleuchtung auf LED–Technik beschlossen.
Bürgermeisterin Birgit Erb nennt eine Vielzahl von Gründen, die dafür sprachen: Bessere Beleuchtung und weniger Stromverbrauch, Sternenpark und Klimaschutz, aber auch Finanzierung, Fördermöglichkeiten oder Kosten und damit die Wirtschaftlichkeit. Denn das Projekt ist auf den ersten Blick nicht ganz billig, auf den zweiten aber auch in finanzieller Hinsicht attraktiv.
Für die 523 neuen Lampen werden 414 000 Euro fällig. Aus einem inzwischen ausgelaufenen Klimaschutz-Programm des Bundesumweltministeriums gibt es dafür einen Zuschuss von 88 000 Euro. Für die fehlenden 326 000 Euro nimmt die Gemeinde KfW-Darlehen auf, deren Zinssatz sogar unter der Inflationsrate liegt. Abgezahlt werden sie über Einsparungen durch die neue Technik.
Bisher, so die Bürgermeisterin, habe die Gesamtleistung der Lampen bei 48 200 Watt gelegen, künftig sollen es nach einer vorsichtigen Berechnung nur noch 11 600 Watt, also 76 Prozent weniger sein. Damit sinken die Stromkosten um etwa 34 000 Euro pro Jahr, zitiert Erb die Berechnungen. Eine weitere Einsparung ergibt sich, da aufgrund von Garantieleistungen in den nächsten fünf Jahren keine Wartungsgebühren fällig werden, was ebenfalls 14 000 Euro jährlich bedeutet. Nach sieben Jahren hätte sich die Investition dann amortisiert.
Ein weiteres Einsparpotenzial auf mehr als 80 Prozent des bisherigen Stromverbrauchs soll die Dimmung bringen. In jeder Straße kann das Licht entsprechend der Verkehrsbedeutung gedimmt werden, wie Alfons Fuß, Bezirksstellenleiter Bad Neustadt des Überlandwerks, der das Projekt in Oberelsbach betreut, erklärt.
So wird der Lichtstrom in den Nebenstraßen ab 21.30 Uhr bis 24 Uhr schrittweise auf 35 Prozent reduziert, was eine Halbierung der Helligkeit bedeutet, erläutert Bernd Lippert, Geschäftsführer der Firma Delsana, die die LED Lichtsysteme entwickelt und produziert. Ab 5.30 Uhr leuchten dann auch in den Hauptstraßen, wo etwas weniger gedimmt wird, die LEDs wieder mit 100 Prozent. In diesem Zusammenhang schließt Bürgermeisterin Erb eine Nachtabschaltung der Lampen kategorisch aus.
Ein weiterer Vorteil der LEDs ist ihre Lebensdauer. Wie Bernd Lippert betont, gibt seine Firma auf die sogenannten Vorschaltgeräte eine Garantie von fünf Jahren, auf die Leuchtmittel selbst eine von zehn Jahren. Nach 15 Jahren nehme die Leistung ab, dann müsste sich die Gemeinde Gedanken machen, wann sie die Lampen austauscht. Bei den bisher genutzten Lichtquellen habe die Lebensdauer durchschnittlich nur drei Jahre betragen, ergänzt Alfons Fuß.
Von den Mitarbeitern des Überlandwerks, das den Auftrag für die Umrüstung der Lampen in Oberelsbach erhalten hat, wurden bisher rund 320 ausgetauscht. Wie die Mitarbeiter des Montageteams in der Rathgeberstraße. Je nach Masttyp oder speziellen Einzelfallproblemen schaffte es das Montageteam, am Tag etwa 20 Lampenkörper auszutauschen, schätzt Joachim Mölter. Ziel sei es, die Arbeiten bis Ende Februar abzuschließen, so die Bürgermeisterin.
Und wie kommt die neue Beleuchtung an? Sehr gut, ist die einhellige Erfahrung die Birgit Erb, Marc Huter oder auch Michael Geier, der Leiter der bayerischen Verwaltungsstelle für das Biosphärenreservat übereinstimmend erklären. Das Licht sei sehr angenehm und die Gehwege seien wesentlich besser ausgeleuchtet als zuvor, ist der Eindruck der Bürgermeisterin, was ihr auch von vielen Mitbürgern bestätigt worden sei. Auch Michael Geier spricht von einer wesentlichen Verbesserung durch die neue Beleuchtung. Man fühle sich sicherer, da man einfach besser erkennt, wo man läuft.
Natürlich gebe es auch Probleme, will die Bürgermeisterin nicht verschweigen. Eine Kreuzung in Weisbach, nennt sie als Beispiel. Die sei zwar wesentlich heller beleuchtet als bisher, aber es entstehe auch der Eindruck, als würde ein Auto in die Kreuzung fahren. Es handle sich aber lediglich um eine falsch eingestellt Lampe. Man könne das LED-Licht genau ausrichten, erläutert Bernd Lippert. Dabei gebe es gelegentlich Fehler, die würden aber im Rahmen regelmäßiger Treffs besprochen. Und dann ausgeräumt, wie Alfons Fuß ergänzt.
Die Möglichkeit, das Licht auszurichten, ist auch ein Grund, warum sich Michael Geier so für die Umstellung in Oberelsbach interessiert. Denn mit der neuen Technik strahlen die Lampen das Licht ausschließlich nach unten ab und tragen dazu bei, die sogenannte Lichtverschmutzung in Oberelsbach wesentlich zu reduzieren, was dem von ihm vorangetriebenen Vorhaben Sternenpark Biosphärenreservat Rhön sehr entgegenkommt.
Damit ist Oberelsbach in doppelter Hinsicht Vorreiter in der Region, lobt Geier. Zum einen sollte Oberelsbach als Sitz der Veraltungsstelle des Biosphärenreservats und der Umweltbildungsstätte auch bei einer modernen Strom sparenden und damit umwelt- und klimafreundlichen Straßenbeleuchtung Vorbild sein. Zum anderen ist Oberelsbach mit dieser Umstellung auch Musterkommune für den Sternenpark. Als erste Gemeinde im Biosphärenreservat entspricht ihre öffentliche Beleuchtung den Zielvorstellungen der Beleuchtungsrichtlinien für Sternenparks. Fährt man zu nächtlicher Stunde beispielsweise auf Weisbach zu, so Bürgermeisterin Erb, falle schon auf, dass man den Ort erst später wahrnimmt, da die Lichtglocke einfach wesentlich schwächer ist.
In anderen Gemeinden wird die Entwicklung in Oberelsbach genau beobachtet. Das ist auch gut so, findet Bürgermeisterin Birgit Erb. Jede Gemeinde sollte sich in einem Bereich einmal „etwas aus dem Fenster“ lehnen, die anderen könnten dann von den Erfahrungen profitieren. Man habe sich in Oberelsbach auch nur an die große Investition gewagt, weil die Bevölkerung hinter dem Vorhaben stehe.
Dass die Technik noch nicht ausgereift sei, bestreitet Delsana-Geschäftsführer Lippert energisch. Natürlich gebe es immer Bewegung bei technischen Neuerungen. So werde es in Zukunft sicherlich auch noch bessere LED-Lampen geben. Das Verbesserungspotenzial ist nach Überzeugung von Lippert allerdings inzwischen relativ gering. Er könne der Bürgermeisterin versprechen, dass sich Oberelsbach als Vorreiter mit der neuen Technik „kein blaues Auge holen wird.“ Dafür, dass die Lampen in Oberelsbach funktionieren, sprächen schon die langen Garantiezeiten. Und für alle Eventualitäten sei seine Firma auch noch entsprechend versichert.
Für Geier ist das Oberelsbacher Modell „ein leuchtendes Beispiel“ für andere Gemeinden. Hier sei ein Erfahrungsschatz gesammelt worden, den andere auch nutzen sollten. Damit das geschieht, sind Vertreter aller Gemeinden aus Rhön-Grabfeld, dem Landkreis Bad Kissingen und den hessischen und thüringischen Gemeinden aus dem Biosphärenreservat am Donnerstag, 20. Februar, in die Marktgemeinde eingeladen, wo ihnen das Konzept, die Entwicklung, die Umsetzung und natürlich auch die neuen Lampen in Betrieb vorgestellt werden sollen.