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MERKERSHAUSEN/AUB: Liebesgaben für die Krieger an der Front

MERKERSHAUSEN/AUB

Liebesgaben für die Krieger an der Front

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    Voller Zuversicht: Vor dem Einsatz an der Front wurde noch ein Foto der Kompanie aufgenommen. Das Foto wurde von Erwin Voll aus Unterebersbach zur Verfügung gestellt.
    Voller Zuversicht: Vor dem Einsatz an der Front wurde noch ein Foto der Kompanie aufgenommen. Das Foto wurde von Erwin Voll aus Unterebersbach zur Verfügung gestellt. Foto: Foto: Archiv Albert

    Wirtschaftlich war Deutschland nicht auf diesen Krieg vorbereitet. Vorratswirtschaft hatte man nicht betrieben. Nun stand die Regierung vor der Frage, wie Armee und Bevölkerung in Kriegszeiten versorgt werden sollten. Eine zentrale Bewirtschaftung schien zunächst nicht notwendig und so meldete die Bayerische Staatszeitung am 7. August 1914, dass die deutsche Ernährung gesichert sei, da die diesjährige Ernte den Bedarf in reichlichem Maße übersteige.

    Bei den enormen Aufkäufen von Naturalien griff die königliche Militärverwaltung mit Hilfe eigens zugelassener Kommissionäre zur schnelleren Abwicklung vor allem auf die bestehenden Lagerhäuser zurück. Das Bauernvereinslagerhaus Neustadt und die Lagerhausgenossen organisierten im näheren Umland den Ankauf aller Sorten von Getreide.

    Während der Viehmarkt in Neustadt am 15. Oktober 1914 vom Krieg noch kaum beeinträchtigt schien (es wurden 364 Rinder, 130 Schweine bei angemessenen Preisen aufgetrieben), zogen die Preise für Roggen, Weizen und Hülsenfrüchte trotz guter Ernte merklich an.

    Neben den zentralen Reichs- und Landesstellen oblag die eigentliche Versorgung der Bevölkerung dem sogenannten Kommunalverband auf Bezirksebene, dessen Leitung der Bezirksamtmann innehatte. Dieser Verband gehörte bald zu den meist gehassten Einrichtungen der Kriegswirtschaft. Der Grund hierfür lag in seiner oft sehr unzweckmäßigen, selbstherrlichen Arbeit. Die Bauern wurden störrisch und aufsässig. Seitens der Regierung versäumte man, das Volk von der Notwendigkeit harter Eingriffe zu überzeugen.

    Der Dank der Heimat

    Damit die Frontkämpfer den Dank der Heimat für ihre unbeschreiblichen Strapazen verspüren sollten, wurden eifrig Liebesgaben gesammelt. Keiner wollte im Geben zurückstehen. Durch einen Aufruf des „Kreissammelkommitees“ für Unterfranken, in welchem um Liebesgaben fürs Rote Kreuz gebeten wurden, bildeten sich „Ortssammelkommitees“. So wurden in Aub durch eine Haussammlung Anfang September 1914 100 Mark sowie ein Posten Wäsche mit 34 Hemden, 16 Betttüchern, 12 Paar Socken, einem Dutzend Handtücher, je acht Bettüberzüge und Kissen, wollene Decke und fünf Fußlappen abgegeben.

    An den Novemberabenden kamen die Mädchen des Dorfs zum gemeinsamen Stricken zur Schule. Unter Verlesen der neuesten Kriegsberichte wurden an den Abenden 20 Paar Strümpfe und 20 Paar Pulswärmer gestrickt. Auch im Dezember wurden die Strickabende fortgesetzt. Es wurden nochmals 25 Paar Strümpfe an das Rote Kreuz abgeliefert.

    An einem der Novemberabende brachten die Mädchen Mehl, Zucker und Eier mit in die Schule und bereiteten Zuckerplätzchen für die Auber Krieger. In 22 Paketen (22 Soldaten waren bisher aus Aub eingerückt) wurde am 6. Dezember 1914 ein „süßer Nikolaus“ gesandt.

    Allerorten wurden mit großem Eifer Weihnachtspakete hergerichtet, um den Soldaten im Feld, die fern der Heimat Weihnachten feiern mussten, mit Liebesgaben zu bedenken. Jedes Paket enthielt: je ein Hemd, Taschentuch, Paket Briefpapier, Bleistift, Stück Seife, Päckchen Tabak, dann einige Zigarren und ein Fichtenzweiglein aus den Haßbergen oder der Rhön mit Lichtern und einen Weihnachtsbrief. Die Sendung bereitete den Bedachten große Freude, wie die Feldpostbriefe bekundeten.

    Als das deutsche Vaterland das Volk zur Zeichnung der Kriegsanleihe aufforderte, folgten alle dem Ruf und sogar die Schulkinder trugen dazu ihr Scherflein bei, vor allem in erster Linie, um ihren Vätern oder Brüdern einige Tage Urlaub zu erbitten. Zeichnete man nämlich für einen Soldaten an der Front einen be-stimmten Betrag, so durfte er einige Tage in die Heimat zu seinen Lieben fahren.

    Aus Merkershausen ist vom ersten Kriegsjahr 1914 überliefert: „Die Goldmünzen werden eingezogen. Vom hiesigen Orte wurden bei der Post etwa 3000 Mark eingeliefert. Der Mangel an Hartgeld macht sich stark bemerkbar. An seine Stelle werden Darlehenskassenscheine zu 1 und 2 Mark ausgestellt. Durch zwei Gemeindeverwaltungsmitglieder werden Liebesgaben gesammelt, für die Krieger im Felde. Der Gesangverein spendete für seine im Felde stehenden Mitglieder 80 Mark zu Stoffen für Hemden und Wolle zu Socken und Pulswärmern. Die Angehörigen der Krieger und auch sonst fleißige Hände sandten den Soldaten im Felde Liebesgaben. Besonders wird verlangt Chokolad und Tabak“.

    Doch auch in der Heimat machte sich langsam Mangelwirtschaft breit. Unter das Brot mussten Kartoffeln gemischt werden. Die Bäcker durften statt Hörnchen oder Kaisersemmel nur noch kleine runde Leibchen, sogenanntes Kriegsbrot backen. Der Brotverbrauch wurde dahin eingeschränkt, dass pro Kopf täglich nur mehr 250 Gramm gebraucht werden durften und an Mehl pro Woche für jeden nur 250 Gramm. Auch Petroleummangel (Leuchtöl) machte sich bemerkbar. Ein Liter kostete 24 Pfennig und die Leute mussten oft stundenweit fort, um einen Liter zu erhalten. Manche mussten die Nächte in Finsternis zubringen. Es gab noch keinen elektrischen Strom. Auch Stearinkerzen waren trotz hoher Preise schwer zu bekommen.

    Für den 1. Dezember 1914 war in ganz Deutschland eine Vorratszählung angeordnet. In Burglauer ergab die Sammlung 322 Zentner Weizen, 1823 Zentner Korn mit Mengegetreide, 828 Zentner Hafer, 598 Zentner Gerste, 66 Zentner Weizenmehl und 108 Zentner Roggenmehl. Eine Notlage machte sich jedoch im ersten Kriegsjahr bei den Einwohnern noch nicht bemerkbar.

    Mit Wehmut im Herzen vernahmen die Bürger in unserer Heimat in der Christnacht des ersten Kriegsjahrs vom Turm ihrer Kirchen die intonierten Weihnachtslieder. Der Friede der Welt war, wie man nunmehr wusste, in weite Ferne gerückt.

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