Einen heißen Draht hat die Hermann-Lietz-Schule Haubinda in die thüringische Landeshauptstadt Erfurt. Als Bernhard Vogel Ministerpräsident des Nachbarbundeslandes war, flog er mit dem Hubschrauber ein, sein Nachfolger Dieter Althaus reihte sich in die Besucherliste ein und zum 110. Geburtstag der Schule kam jetzt Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht – allerdings beinahe schon wie eine alte Bekannte und gute Vertraute.
Denn direkt nach der Wende stand sie als damalige Kultusministerin den Bestrebungen, die Lietz'sche Reformpädagogik in Haubinda zu revitalisieren aufgeschlossen gegenüber. Sie befürwortete von 1991 bis 2001 den Schulversuch als Regelschule und weilte seitdem immer wieder einmal in dem Schuldorf. Sie stand auch am Grab des Reformpädagogen Hermann Lietz, der in Haubinda seine letzte Ruhestätte fand.
In ihrer Festansprache bekannte sich Lieberknecht ausdrücklich zu einem differenzierten Schulsystem, in dem die freien Schulen einen festen Platz haben müssten, damit jedes Kind bestmöglich gefördert werden könne. Außerdem hob sie hervor, wie wichtig es sei, bei Kindern Kreativität zu wecken und ihnen die Chance auf Bildung mit Freude zu geben.
Bemerkenswert an Lieberknechts (CDU) Ankunft in Haubinda: Sie wurde von Uwe Höhn, dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag begleitet. Neben weiterer Polit-Prominenz gehörte auch Rhön-Grabfelds stellvertretender Landrat Kurt Mauer zu den Jubiläumsgästen. Er pflegt in seiner Eigenschaft als Bürgermeister von Trappstadt die nachbarschaftlichen Beziehungen besonders, haben doch die Fachoberschulklassen der Lietz-Schule eine vorübergehende Bleibe in der Trappstädter Schule gefunden.
Jan Rüggeberg, Vorsitzender des Stiftungsvorstands, bekannte in einer Gesprächsrunde, dass er zu Haubinda Anfang der Neunzigerjahre keine Beziehung hatte, zumal er immense Aufgaben für die Stiftung fürchtete. Aber mit jedem Besuch und jedem Fortschritt, der sich hier vollzog, rückte ihm dieses Heim innerlich näher. Pädagogik mit Kopf, Herz und Hand werde hier gelebt, bestätigte Dieter Heim, der als Dozent der Universität Bamberg den Schulversuch wissenschaftlich begleitet hatte. So viel wie möglich von den erzieherischen Ideen des Hermann Lietz wünschte Heim jeder anderen Schule.
Auf 100 Jahre stolz sein kann der Altbürgerverein, in dem sich ehemalige Lietz-Schüler zusammengeschlossen haben. Als sein Vertreter wünschte sich Georg Schweizer eine bessere Zusammenarbeit mit dem Förderverein zum Wohle von Haubinda. Axel Kochinki (Ostheim) überreichte vom Altbürgerverein einen Scheck über 8000 Euro an Schulleiter Burkhard Werner, damit er in Haubinda seine vielen Ideen umsetzen kann.