Michael Solf war am Sonntagabend mit sich im Reinen: ein glücklicher, mit sich und der Welt rundum zufriedener Mensch. Er saß im Bus auf der Heimreise vom österreichischen Hochfilzen ins Rhön-Grabfelder Sulzfeld und sog die ausgelassene Stimmung und gute Laune genüsslich in sich auf.
Er hatte ja auch alles richtig gemacht. Michael Solf ist der Gründer und Vorsitzender des vom DSV (Deutscher Skiverband) offiziell geführten Fanclubs „Biathlonfreunde Sulzfeld“ und tut das ganze Jahr über alles, um die über 100 Club-Mitglieder aus dem ganzen Landkreis und darüber hinaus mit Informationen zu versorgen, ihre Begeisterung für die beliebte Sportart aufrecht zu erhalten und jedes Jahr eine Reise zu einem Großereignis zu organisieren.
Kein Zweifel: Michael Solf lebt Biathlon für einen von der Szene geografisch weit entfernten Unterfranken in extensiver Weise.
Er besucht mindestens ein Mal jährlich eine DSV-Veranstaltung für Fanclubs in Ruhpolding, nimmt an Workshops teil, spürt die Sportler in Trainingslagern auf, durchwühlt die einschlägigen Internet-Foren und informiert seine Mitglieder regelmäßig per Newsletter über die aktuelle Verfassung der Sportler, über Sportliches wie Privates.
„Das zweitwichtigste Foto meines Lebens nach dem Hochzeitsfoto“
Etwas weniger Kontakt als früher hat er mit dem Ehrenmitglied des Fanclubs Ricco Groß, der Sulzfeld persönlich schon einmal einen Besuch abgestattet hat, seit dieser Trainer bei den Russen ist.
Die „Biathlonfreunde Sulzfeld“ waren zuvor schon bei Weltcups in Oberhof, Ruhpolding, Antholz und auf der Pokljuka (Slowenien) sowie bei der WM in Nove Mesto (Tschechien).
Zum ersten Mal hat Michael Solf gleich zwei Busse bestellt. Die Nähe des Austragungsortes der diesjährigen WM Hochfilzen und unzählige persönliche Anfragen und Zusagen hatten ihn dazu animiert. Selbst ein Fan aus Hannover, der im Netz von der Fahrt erfuhr, meldete sich an: Für Hochfilzen und für den Fanclub. Nun galt es, ein entsprechend großes Kontingent an Tickets rechtzeitig zu ordern. Bis ganz zeitnah zur Abreise saß er auf Kohlen, ob denn alle ihre Zusage einhalten würden.
Unvergessliches Erlebnis
Die 64, die dabei waren, werden die drei letzten WM-Tage ihr Leben lang nicht vergessen, ebenso wenig wie Laura Dahlmeier. „Ihr habt euch das falsche Wochenende ausgesucht“, hatte man ihm daheim noch mit auf die Reise gegeben. „Das Kaiserwetter ist vorbei und die schönsten Erfolge sind schon Geschichte.“ Doch es sollte noch schöner werden: „Drei Tage Hochfilzen mit vier Wettkämpfen und drei Goldmedaillen, Biathlon-Herz was willst du mehr!“
Am Freitag ging es in aller Herrgottsfrühe los mit zwei Bussen. Im Hotel in Kiefersfelden wurde erst am Abend eingecheckt, weil es direkt zum ersten Wettkampf ins Stadion ging. Gold für die Damenstaffel, was für ein Auftakt!
Die eine Stunde Fahrt von und nach Kiefersfelden verging jeweils wie im Flug, weil Gesprächsstoff vor und nach den Rennen genug vorhanden war. Das Schneetreiben nahm man kaum wahr im Mitfiebern und Siegestaumel. „Außerdem ist Biathlon ja Winter-Outdoor-Sport“, begründet Michael Solf fachmännisch. Am Samstag war es nur noch bewölkt, manchmal kam die Sonne raus. Bei der Herrenstaffel aber nur, solange Startläufer Erik Lesser in Führung lag. Am Ende wurde man mit dem vierten Platz wieder geerdet.
Fest in deutscher Hand
Aber am Sonntag hoben sie wieder zum Höhenflug ab, werden ihn nie vergessen: Nicht nur wegen des Traumwetters, weswegen manche von ihnen im T-Shirt Wintersport ganz hautnah erlebten, 64 von 21 000. Hochfilzen, es machte schon „Goldfilzen“ die Runde, war fest in deutscher Hand. Am Vormittag schürfte Laura Dahlmeier im Massenstart zum fünften Mal Gold. Weshalb in der Pause bis zum Herrenrennen die Partyhalle, sonst eine Maschinenhalle des Bundesheeres, schon Party-Time war.
„Da waren die Franzosen, Norweger und Österreicher wieder auf Augenhöhe.“ Und als am Nachmittag auch noch Simon Schempp ebenfalls Gold umgehängt bekam, war für Michael Solf und seine Freunde der Biathlon-Himmel weit offen. „Ich hatte noch nie während der Nationalhymne so eine Gänsehaut wie diesmal“, bekannte er. Getoppt wurde es vielleicht sogar bei Peter Heusinger, Wolfgang Ebner und Christian Seifert, die sich zusammen mit dem frisch gekürten Weltmeister Simon Schempp samt Goldmedaille fotografieren ließen. „Das zweitwichtigste Foto meines Lebens nach dem Hochzeitsfoto, ich koo?s jetz noch net g?fass“, bekannte einer der drei. „Die Sulzfelder wisse scho, wer des g?sacht hat.“
2018 wieder etwas geplant
Die Rückreise trat man mit drei selbst miterlebten Goldmedaillen und noch dazu diesem Abschluss etwas später als geplant an. Und gegen ein Uhr in der Nacht waren die Biathlon-Freaks wieder zurück in Sulzfeld. „Sie wollen alle nächstes Jahr wieder mitfahren, egal wohin“, kündigte Michael Solf an. „Ich hab?schon was in Aussicht, aber es ist noch nicht fix.“ Die Olympischen Spiele in Pyeongchang wahrscheinlich nicht, sondern „nur“ irgend ein neuer Weltcuport in Europa.