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BAD NEUSTADT: Mr. Vain war ein Rhöner

BAD NEUSTADT

Mr. Vain war ein Rhöner

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    Der Kreis schließt sich, wenn es das Leben gut mit jemandem meint. Wie bei Nosie Katzmann. Als frühreifer Zwölfjähriger stand er vor dem Spiegel, den Federballschläger in der Hand, und spielte darauf Gitarre: Neil Youngs „Mr. Soul“ und „Rock aen Roll Woman“ – die Songs, die er bei Oma in der Gartenstadt von Bad Neustadt so leidenschaftlich gehört hat, wenn es in den Sommerferien in die Rhön, in die alte Heimat ging.

    An diesem Samstag wird Nosie Katzmann auf dem Coburger Schlossplatz im Vorprogramm von Neil Young spielen. Zwei Songwriter werden sich treffen, die so viel und so wenig miteinander gemein haben. „Es ist ein eigenartiges Gefühl vor diesem Auftritt. Neil Young war mein Held“, sagt Nosie Katzmann.

    Er ist dieser Tage viel unterwegs. Promotour für seine CD „Greatest Hits 1“ (siehe auch Wochenend-Tipp). Beim BR in München, beim RBB in Berlin oder bei Radio FFH in Frankfurt. Aber etwas Zeit muss bleiben für einen Abstecher nach Bad Neustadt fürs Main-Post-Interview.

    Durchs Hintertürchen. . .

    Allzu viele Erinnerungen hat er nicht mehr an das Stadtbild. Aber bei den Rex-Kinos in der Hohnstraße hält er inne: „Da gab es doch immer diesen Hintereingang, durch den man sich reinstehlen konnte“, beichtet Nosie. Und er muss sich eine Bratwurst auf dem Marktplatz kaufen. Der Imbiss aus Kindertagen hat sich tief ins Gedächtnis gebrannt.

    Vor allem aber Omas Dachkämmerlein in der Gartenstadt. „Bis ich 16 war, verbrachte ich alle Ferien bei Oma. Ich liebte es, im Dachkämmerchen zu sitzen und Radio und Kassetten zu hören“, ruft er Bilder seiner Kindheit in die Erinnerung. Neil Young ist sein großes Vorbild in dieser Zeit.

    Im Grunde aber saugt er alles an Musik auf, was seine neugierigen Ohren zu hören bekommen. „Ich kann eigentlich jede Musik hören. Das liegt vielleicht daran, dass ich mit meiner Mutter immer das Wunschkonzert auf BR gehört habe“, mutmaßt Nosie. Der Grundstein für die Musikbegeisterung des Nosie Katzmann wird also durchaus in Bad Neustadt gelegt. Mit sechs Jahren zieht die Familie in die Nähe von Darmstadt, Rhön-Grabfeld bleibt aber bis zur Pubertät die Sommerfrische der Familie. Nosie Katzmann will eigentlich Kindergärtner werden, wird aber schließlich nur Gärtner. Der junge Mann bringt sich selbst das Gitarrespielen bei, mit Neil Young, Johnny Cash und Bob Dylan. Üben muss er im Jugendzentrum, weil es in der Mietwohnung zu laut ist. „Willst du dir 80 Mark verdienen?“, fragt ein Kneipen-Besitzer Nosie Katzmann auf dem Nachhauseweg von einer solchen Probe. „Ich habe die Songs gespielt, die ich konnte. Wenn mir nichts eingefallen ist, habe ich geredet wie ein Wasserfall. Ich musste drei Stunden spielen, also erfand ich Lieder“, sagt Nosie.

    So lernte er schwimmen im Haifischbecken des Musikbetriebs. Von seiner Physiognomie und seiner musikalischen Neugierde (englisch: nosy) hat er seinen Künstlernamen.

    Er lernte, griffige und einprägsame Lieder zu komponieren, was ihm später als Hit-Produzent helfen sollte. „Es gibt kein Patent-Rezept, aber Text und Musik müssen eine besondere Einheit sein und damit eine besondere Energie haben.“

    Energie hatte Nosie Katzmann zuhauf Ende der Achtzigerjahre. Er war zu einer lokalen Live-Größe im Rhein-Maingebiet geworden. In einem Studio lernte er den Discjockey Torsten Fenslau kennen, der im Club des Frankfurter Flughafens auflegte und eine Institution war. Es kam zur Zusammenarbeit.

    Der Erdbeermund

    Einer der ersten gemeinsamen Hits war die discotaugliche Vertonung der berühmten Gedichtzeilen „Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund“ unter dem Bandnamen Culture-Beat. Eigentlich hätte der Song von einer Telefonnummer handeln sollen. Aber aus Zeitgründen wurde für das Demo schnell Klaus Kinskis legendäre Rezitation auf das Band gespielt. So werden Discohits für die Welt geboren. Die erste Hälfte der Neunzigerjahre gehört Nosie Katzmann und seinem Team. „Mr. Vain“, „Right in the Night“ oder „More and More“ klingen so manchem Mittdreißiger noch in den Ohren. Zeitweise hatte Katzmann acht Hits gleichzeitig in den Charts.

    Doch der Erfolg, erkauft durch pausenlose Arbeit an immer neuen Songs und durchgearbeitete Nächte im Tonstudio, forderte seinen Tribut: 1996 musste sich Nosie einem massiven Burn-out geschlagen geben. „Extreme Schlafstörungen, Verfolgungswahn, Flucht vor Verantwortung. Ich konnte nicht mehr“, sagt Katzmann. Zehn Jahre hat er gebraucht, um sich von diesem Burnout zu erholen.

    Die Stimme der Seele

    „Jetzt weiß ich, dass ich auf meine Seele hören und dass ich sie pflegen muss“, zieht der Songwriter und Produzent die Lehre aus seiner Krankheitsphase. Als ihn der Burn-out in die Knie zwang, kündigte er an, erst 2007 wieder verstärkt in Erscheinung zu treten. Mit einer Neuaufnahme seiner größten Hits hat er sein Versprechen eingelöst.

    Wer mag, kann aus den schlichten Songwriter-Versionen seiner Dance-Hits so etwas wie den herben Reiz der Rhön sehen. Für Bad Neustadt will er sich jedenfalls einmal einen ganzen Tag Zeit nehmen.

    So soll es sein, wenn sich der Kreis schließt.

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