Max Raabe, Helene Fischer und Angus Young an einem Abend auf einer Bühne zu erleben, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Nicht bei Viva Voce. Die fünf Stimmakrobaten aus Ansbach fügen bei ihrer Jubiläumstour alles zusammen, was nicht zusammengehört. Und haben durchschlagenden Erfolg.
Ein Ständchen vom Publikum
Es gibt nicht viele in der vollbesetzten Bad Neustädter Stadthalle, denen Viva Voce völlig unbekannt ist. Die Auftritte auf dem Marktplatz, in Maßbach oder Bad Kissingen haben gehörige Fanspuren hinterlassen. So wundert‘ s nicht, dass gleich beim ersten Lied die versammelte Rhön ein Geburtstagsständchen zur Jubiläumsshow „20 Jahre – Es lebe die Stimme“ anstimmt. Tenor David Lugert, Leadsänger Matthias Hofmann, Drumset-Man Jörg Schwartzmanns, Bass Heiko Benjes und Basti Funtastic Hupfer sind begeistert.
Sie mischen sich unters Volk, betreiben Small Talk im Publikum – und finden Bernd und Renate aus dem unaussprechlichen Ort Rödelmaier sowie Gretel aus der Gartenstadt. Die feiert 75. Geburtstag. Und das nette Quintett schenkt ihr persönlich ein Lied, garniert mit roten Rosen.
Jörg Schwartzmanns Drumset – aus Kollegen
Die Symbiose mit ihrem Publikum ist Programm. Die Jungs von Viva Voce, längst dem Chorknaben- und Boygroup-Image entwachsen, sind ausdrucksstarke Persönlichkeiten; jeder für sich. Da ordnen sich die Kollegen gerne als Komplett-Drumset Jörg Schwartzmanns unter. Aus seinem Mund kommt alles, was ein professioneller Drummer mit Sticks und Becken bewältigt – ein erster Höhepunkt.
Und es folgen noch weitere. „Die Gedanken sind frei“ – und die Kreativität der fünf Sänger auch. Bei Leonhard Cohens Halleluja, rein und stimmgewaltig interpretiert, werden im Publikum die Handys im Videoaufnahme-Modus gezückt. Im Siri-Song, bestens choreografisch untermalt, zeigt sich der hintersinnige Humor der Fünf, gewürzt durchaus mit einer gehörigen Prise Sozialkritik.
Atemlos im Dreivierteltakt
Helene Fischers „Atemlos“ wird auf Publikumswunsch (Gretel aus der Gartenstadt!) im Dreiviertel-Walzer-Takt, Reggae und Heavy Metal verschönt. Das beeindruckendste Crossover gelingt aber mit dem AC/DC-Kracher Highway to Hell. Der Neue im Quintett, Matthias Hofmann – Gesangslehrer aus Passau – gibt einen Angus Young, dem es außer den Hosenträgern an nichts fehlt. Und David Lugert mimt Max Raabe, der als Gegenspieler gesangsrein die „Autobahn zur Hölle“ ohne Firlefanz präsentiert. Das Medley der Kontraste hatte zuvor Tenorarien und Schirmhits gemixt, dass es ein Pläsier war. Von Puccinis „Nessun dorma“ zu Heinos „Blau, blau, blüht der Enzian“ ist es musikalisch ein weiter Weg. Viva Voce nimmt ihn direkt – und überrascht mit ihrem provokant-künstlerischen Crossover.
Als das Quintett dann deutlich auf ihr Bühnenjubiläum Bezug nimmt mit „20 Jahr, blondes Haar“, „Über 20 Brücken musst du geh?n“ oder „Mit 20 Jahren, da fängt das Leben an!“ dünkt einem schnell, dass das beeindruckende Konzert sich dem Ende nähert.
Fränggisches bei der Zugabe
Doch frenetischer Applaus, stehende Ovationen und ein vom Publikum weitergesungener Song fordern drei Zugaben ein. Da dominiert Fränggisches und die Hochbegabten von Viva Voce lassen es sich nicht nehmen, am Autogrammstand unplugged weiterzusingen. Das beste dabei: Sie kommen in diesem Jahr wieder nach Bad Neustadt im Oktober, und zwar zum Konzert in die evangelische Kirche.