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BUNDORF: Nur Brotkrümel für den Elefanten

BUNDORF

Nur Brotkrümel für den Elefanten

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    Die Landwirte vesperten auf der Kennedy-Allee zwischen ihren Schleppern. Dort hatten viele Milchbauern mitgebrachte Bierbänke aufgestellt, um sich während der langen Demo zu stärken.
    Die Landwirte vesperten auf der Kennedy-Allee zwischen ihren Schleppern. Dort hatten viele Milchbauern mitgebrachte Bierbänke aufgestellt, um sich während der langen Demo zu stärken. Foto: FOTO Kathi Haid

    Nach Luxemburg fuhr Klaus Dietz aber nicht mit dem Bus, sondern mit seinem Schlepper. Von morgens um fünf Uhr bis abends um neun und dann hatten sie gerade einmal den Odenwald erreicht. „Wir können ja mit unseren Traktoren nur auf den Feld- und Landstraßen fahren, das dauert halt“, sagte er lachend.

    Als sie im Odenwald ankamen, hatten andere Mitglieder des BDM (Bundesverband Deutscher Milchviehhalter) schon Übernachtungen und eine Vesper für sie vorbereitet. „Es gab Getränke, Würste und Pommes, und dann haben sie uns in eine Jugendherberge am Jakobsweg gebracht. Alles war umsonst, sogar unsere Tanks haben sie uns gratis mit Diesel gefüllt.“ Am nächsten Morgen begleiteten einige Milchbauern aus der Grenzregion die Bauern noch ein Stück. „Das war alles so motivierend, dass wir uns alle gegenseitig unterstützen und wissen, wir sind nicht allein. Das gibt uns Kraft“, sagte Klaus Dietz gerührt.

    Kraft, die die Bauern brauchen, nicht nur für die lange Fahrt, sondern für den langen Kampf um ihre Existenz, ein Kampf mit der Zeit und der Politik. Hupend und stolz auf die vielen anderen Bauern aus ganz Europa fuhren die fränkischen Milchbauern die Kennedy-Allee in Luxemburg entlang. Es war ein sonniger Tag mit strahlend blauem Himmel. Hunderte von Schleppern standen kreuz und quer. Aus großen Boxen tönte „No Milk today“ von den Herman's Hermits. Die schmale Straße von der Kennedy-Allee bis zum Eingang des EU-Gebäudes war übervoll mit demonstrierenden Bauern. Mitglieder des Bundes Deutscher Milchbauern hatten Essensstände aufgebaut, von denen aus sie Spiegeleier auf Toast, Eintopf und Kaffee an die Demonstrierenden verschenkten.

    Gerd Sonnleitner, der Vorsitzende des Bauernverbands, ließ sich in Luxemburg nicht blicken. „Der hatte wohl Angst, er kriegt wieder ‘ne Mistgabel ab“, witzelte ein Bauer aus Oberbayern. Sein Gegenspieler, BDM-Vorsitzender und der Held aller Milchbauern, Romuald Schaber, dagegen war nicht nur bei der Demonstration vertreten, sondern auch von den Agrarministern ins Gebäude eingeladen worden.

    Als er einige Zeit später mit einem Lächeln im Gesicht heraus- und durch die Menge hin zum Podest lief, waren die Bauern wieder voller Hoffnung: „Die Ergebnisse sind gar nicht so schlecht, wie wir erwartet haben“, erklärte Schaber der Menge. „Sie wollen das Marktgleichgewicht wieder herstellen, das sind ganz neue Töne. Quoten sollen vom Markt aufgekauft werden, und die Betriebe können auf diese Mengen nicht zurückgreifen. Eine unserer Kernforderungen ist damit erfüllt.“

    Die Bauern trauten dem Frieden nicht ganz. Ratlos tappten sie von einem auf den anderen Fuß. Auch Klaus Dietz ist skeptisch. „Es soll – heißt es jetzt wieder. Ob und wie das dann durchgesetzt wird, ist die nächste Frage.“ Zunächst seien alles nur Versprechungen. Auch Schaber mahnte: „Es gilt jetzt, sehr wachsam zu sein und die Ausarbeitung genau zu beobachten und immer präsent zu bleiben, damit alles so wird, wie wir uns das vorstellen.“

    Über die Unterstützung von 280 Millionen Euro, mit denen die EU den Bauern unter die Arme greifen will, ist niemand begeistert: „Verschwendung von Steuergeldern“, rief ein Bauer. „Das ist, wie wenn man einen Elefanten mit Brotkrümeln füttert“, sagte Milchbauer Charly Schreiner aus Mellrichstadt kopfschüttelnd, und Klaus Dietz pflichtet ihm nickend bei. „Mückenschiss“ und „nur Tropfen auf heißem Stein“, raunte es überall durch die Menge.

    Die 280 Millionen Euro sollen nämlich auf ganz Europa verteilt werden. Das entspricht pro Bauer etwa 1000 Euro. „Alleine in den letzten Monaten haben wir für diesen Streik ein Dreifaches bezahlt. Die 280 Millionen sollten lieber dazu verwendet werden, mehr Quoten vom Markt zu kaufen“, forderte Schaber.

    Nach der Demonstration wollten die Bauern sich in einem Café an der Kennedy-Allee noch einen Cappuccino bestellen. „Es tut mir leid“, sagte die Bedienung, „es gibt keinen Cappuccino und auch keine heiße Schokolade, wir wurden heute nicht mit Milch beliefert, wegen der Demonstration der Bauern.“ Mit einer inneren Genugtuung verließen die Landwirte das Café wieder. Einer sagte: „Der Ball rollt, ist aber noch nicht im Tor.“

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