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OSTHEIM/AACHEN: Ostheimer Orgelklänge im Aachener Dom

OSTHEIM/AACHEN

Ostheimer Orgelklänge im Aachener Dom

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    Beeindruckendes Erlebnis: das Pontifikalamt im Aachener Dom zur Eröffnung der Festwoche für geistliche Musik. Jörg Schindler-Schwabedissen, Leiter des Ostheimer Orgelbaumuseums, freute sich über die dazu passenden Orgelklänge.
    Beeindruckendes Erlebnis: das Pontifikalamt im Aachener Dom zur Eröffnung der Festwoche für geistliche Musik. Jörg Schindler-Schwabedissen, Leiter des Ostheimer Orgelbaumuseums, freute sich über die dazu passenden Orgelklänge. Foto: Fotos: Schindler-Schwabedissen

    Das Konzert des europäischen Festivals Geistlicher Musik am vergangenen Sonntag im Aachener Dom hat viele Menschen begeistert. Das Orgelbaumuseum Schloss Hanstein in Ostheim hat hierfür mit den Nachbauten der gotischen Norrlanda-Orgel und der romanischen Theophilus-Orgel zwei Blockwerkorgeln aus dem Mittelalter  zur Verfügung gestellt.

    Museumsleiter Jörg Schindler Schwabedissen und sein Bruder, Orgelbaumeister Christoph Schindler, haben die beiden Orgeln in Einzelteilen zerlegt nach Aachen transportiert und in stundenlanger Kleinarbeit in der Nacht von Donnerstag auf Freitag, 4. auf 5. September, in der Chorhalle wieder aufgebaut.

    KMD Jürgen-Peter Schindler und der schwedische Orgelbauer Mads Kjiersgaard rekonstruierten zu Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts diese Orgeln. 1994 wurde dann mit Unterstützung der Ostheimer Orgelbaufirma Hoffman (heute Hoffmann & Schindler) eben dort mit der Realisierung einer Idee begonnen, die heute noch viele Menschen in ihren Bann zieht. Orgelklänge aus dem 12. beziehungsweise 14. Jahrhundert sind nirgends mehr nachvollziehbar, da diese Orgeln, wenn überhaupt, nur noch zum Teil existieren.

    Ein großes Glück für die Nachwelt war insofern die Idee der Menschen von Norrlanda Ende des 19. Jahrhunderts: Als eine Romantisierung der dortigen gotischen Kirche vorgenommen wurde, brachte man die erhaltenen Teile der alten, nicht mehr gebrauchten Orgel ins historische Museum von Stockholm. Somit ist der Nachwelt die älteste bekannte Orgel der Welt (um 1350) erhalten geblieben. Zwar fehlten damals schon die Pfeifen, jedoch hat der damalige Orgelbauer durch Einritzungen von Kreisen und Längenmaßen im Holz eine große Hilfe zur Neuberechnung der Pfeifen geliefert.

    Die romanische Orgel wurde nach der ausführlichen Beschreibung des Mönches Theophilus aus dem Jahr 1125 durch KMD Schindler gebaut, und somit bietet sich nun die einmalige Gelegenheit, die Orgelklänge der damaligen Zeit auch heutzutage hören zu können.

    In der Chorhalle des Aachener Doms wurde für das Europäische Festival Geistlicher Musik noch eine dritte mittelalterliche Orgel aufgebaut, deren Pfeifenmensur auf dem alten Taubeneidurchmesser und Angaben aus dem frühen 14. Jahrhundert basiert. Sie wurde vom niederländischen Orgelbauer Winold van der Putten gebaut. Diese drei Orgeln standen das ganze Wochenende über für ein Gesprächskonzert mit Prof. Harald Vogel (Hochschule für bildende Künste in Bremen) und Roland Dopfer, Dozent für antikes Orgelspiel ebendort, zur Verfügung.

    Im Pontifikalamt zur Eröffnung der Festwoche „Haus aus Licht“ war die Norrlanda-Orgel als Begleitinstrument der Liturgie neben der Messe von Igor Strawinsky zu hören. Höhepunkt war am Abend ein Konzert mit Musik aus der Gotik und der beginnenden Renaissance, eingerahmt von zwei Stundengebeten, zu denen die Instrumente in ihrem ursprünglichen Sinn verwendet wurden: zur Unterstützung der liturgischen Gesänge.

    Die Chorhalle des Aachener Doms wurde vor 600 Jahren aus zwei Gründen errichtet. Schon damals herrschte im von Karl dem Großen vor über 1200 Jahren gebauten Oktogon des Doms ein großer Besucherandrang. Das Stiftskapitel, mit Propst Gerhard von Virneburg an der Spitze, hatte den Wunsch, die Stundengebete in einer besonderen Atmosphäre abhalten zu können. Die Stiftsherren veranlassten deshalb den Bau einer Chorhalle, in die sie sich zu den Andachten zurückziehen konnten. Der zweite Grund für den Bau einer Chorhalle waren die Scharen von Pilgern, die in der damaligen Zeit in den Aachener Dom strömten, um den Karlsschrein und den Marienschrein mit den Heiligtümern zu sehen. Ein Haus aus Licht umgibt nun seit 600 Jahren den Karls- und Marienschrein. Mit den 27 Meter hohen Glasfenstern und 1000 Quadratmetern Glasfläche wird die Chorhalle auch das Glashaus von Aachen genannt.

    Ein faszinierendes Klangerlebnis bietet die offene Verbindung des Oktogons (Achtecks) der alten Basilika mit der Chorhalle. „Dies ermöglicht eine Klangentfaltung, die mit Worten nahezu nicht zu beschreiben ist“, so Jörg Schindler Schwabedissen. Mögen die Orgeln auch noch so klein im Vergleich zu den modernen Instrumenten wirken, ermöglichen sie dennoch auf Grund ihres Baus und der Verwendung von Obertonmischungen eine gleichmäßige Klangentfaltung, die in allen Winkeln des Gebäudes wahrzunehmen ist. Manch einen überfuhr ein „Gänsehauterlebnis“ beim Zuhören dieser sehr meditativen Musik, die, unterstützt durch Domkantor Marco Fühner als Sänger der liturgischen Gesänge, dazu führte, dass die über 400 Zuhörer tief beeindruckt nach Hause gingen.

    Jörg Schindler-Schwabedissen und sein Bruder Christoph Schindler sind sich sicher: Diese einmalige Veranstaltung hat das Orgelbaumuseum und die Stadt Ostheim in der musikalischen und religiösen Welt in ein neues Licht gerückt.

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