(lab) Anne Zeisner, die kennt man. Oder? Wer weiß zum Beispiel, oder hätte sich träumen lassen, dass Anne Zeisner in sehr jungen Jahren schon einmal auf Bad Neustadts Marktplatz stand, um Franz Josef Strauß auszupfeifen? Solche und ähnliche zum Teil sehr persönliche Einblicke gab die zweite Bürgermeisterin Bad Neustadts am vergangenen Samstag im Erzählcafé unter dem Motto „Die Marktbärbel im Blick – Mein Leben im Herzen von Bad Neustadt“.
Aufgewachsen ist Anne Zeisner ohne Marktbärbelblick als Annemarie Pfitzmaier in Oberstreu – „aber nur die Oberstreuer dürfen mich Annemarie nennen“. Geprägt habe sie die Arbeit zu Hause und im elterlichen Raumausstatterbetrieb, erzählt sie, und das hieß zum Beispiel mit Blindstich die Kissen zu flicken: In die Werkstatt, wo die beiden Brüder allerlei Spannendes mit Leder arbeiteten, kam die kleine Schwester vorrangig zum Fegen.
Und dann war da noch Omas Küche, prinzipiell ein guter Zufluchtsort, wenn man etwa beim Schlachten die Blutschüssel rühren sollte. Allerdings ist die Enkelin hier auch kläglich gescheitert an den „Hömpfele“ und „Prisle“, die die Oma beim Käsplootzbacken verwendete. „Die Kindheit und Jugend auf dem Dorf war toll“, resümiert Anne Zeisner, „aber heute würde ich nicht mehr in einem Dorf leben wollen. Das Denken kommt mir in Bad Neustadt freier vor.“
Sturm- und Drangzeit
Aber wie war das denn nun mit Franz Josef Strauß? „Ich hatte auch meine Sturm-und-Drang-Zeit. Das können sich manche Leute ja gar nicht vorstellen bei mir.“ Aus dieser Zeit ist zum Beispiel noch eine Abiturrede überliefert, die ziemlich frech war – so frech, dass am Tag darauf der Hausarzt ungerufen in der Türe stand, um sich nach dem Gesundheitszustand ihrer Eltern zu erkundigen.
Durchaus renitent sei sie damals gewesen und habe sich aufgelehnt gegen das bestehende System, unter anderem eben auch durch ein paar lautstarke Pfiffe für Franz-Josef Strauß, der 1978 im Landtagswahlkampf auf dem Neustädter Marktplatz sprach. „Damals habe ich grün gewählt“, erzählt Anne Zeisner, „und im Herzen bin ich immer noch schwarz-grün. Aber mehr schwarz als grün“, wie sie augenzwinkernd hinzufügt.
Dass sie damals schon vor derjenigen Apotheke stand, die einige Jahre darauf zu ihrem Zuhause werden sollte, das hat Anne Zeisner damals nicht geahnt. Ihren späteren Mann traf sie in Willmars im Vorbereitungskurs für den Jagdschein. Und weil man denselben Weg hatte, bildete man bald eine Fahrgemeinschaft – und noch etwas später beschloss man dann gemeinsam, den Unterricht doch heute mal ausfallen zu lassen.
Bis zur Heirat sollte es indessen noch einige Jahre dauern, denn erst einmal kam für Anne Zeisner die Ausbildung: Zunächst die Hotelfachschule, dann das BWL-Studium in Würzburg. Bei ihrer späteren pharmazeutischen Ausbildung war sie dann so gut wie nie im Leben gewesen, da war sie allerdings schon verheiratet und Mutter.
Familie geht vor
1996 wurde Anne Zeisner in den Stadtrat gewählt und auch gleich zweite Bürgermeisterin. Paul Göbels und Rosemarie Preh seien prägende Gestalten dieser Anfangszeit gewesen. „Aber das hätte ich alles nie machen können, wenn ich nicht so eine tolle Familie gehabt hätte, die mich unterstützt hat“, bekennt sie dankbar. Und warum hat sie nie für das Amt der Bürgermeisterin kandidiert? Überlegt habe sie sich das schon, räumt Anne Zeisner ein, „aber im Nachhinein bin ich froh, dass ich's nicht gemacht habe. Die Zeit, die man mit seiner Familie verbringen kann, ist so wertvoll!“
Anne Zeisner eröffnete mit ihrem Besuch die 17. Saison des Erzählcafés, in der sich allerdings einiges verändern wird. Zum ersten Mal moderierte Wolfgang Kitscha, der das Amt mit den Worten antrat: „Ich bin ja eh immer hier.“ Mit Rosen für Zeisner und das Erzählcafé-Team wusste er sich auf nette Art einzuführen, eine weitere Rose erhielt Gerti Brunner, die Witwe des Initiators, geistigen Vaters und langjährigen Moderators des Erzählcafés, Rudolf Brunner.