Als die vier Streicherinnen von „La Finesse“ im vergangenen Jahr zum ersten Mal ihre Visitenkarte im Kloster Wechterswinkel abgegeben haben, war dies einer der Höhepunkte des Konzertprogramms 2010. Ihr zweiter Besuch wurde zu einem einzigartigen Triumphzug. Die attraktiven Musikerinnen wussten sich zu präsentieren: Ihre Outfits wählten sie passend zur Musik, zeigten sich einmal feurig und temperamentvoll in schwarz-rot und dann ganz himmlisch in schickem Weiß. Ein Genuss für Augen und Ohren, waren sich die Besucher im voll besetzten Saal einig.
Das französische „la finesse“ steht im Deutschen für Feinheit beziehungsweise Feinsinnigkeit. So sehen sich Kim Leonore Heilmann (erste Violine), Daniela Reimertz (zweite Violine), Regine Brand (Viola) und Birgit Förstner (Cello) und so stellt sich auch ihre Musik dar. Mit den gewaltigen Ouvertüren von Rossini aus dem „Barbier von Sevilla“, der „Diebischen Elster“ und „Wilhelm Tell“ starten die vier Streicherinnen der Extra-Klasse ihr zweistündiges Programm.
Ihrer salopp klingenden Ankündigung „Wir schießen nicht nur zielsicher wie Wilhelm Tell, sondern bewegen uns auch ebenso zielsicher durch die musikalischen Stilrichtungen“ lassen sie gleich handfeste Beweise folgen. Ob George Bizets „Carmen“ oder der Tango nuevo, der nach Südamerika entführt – die Musikerinnen führen eindrucksvoll vor Augen und Ohren, dass Streichmusik nicht altmodisch und verstaubt klingen muss. Nein, an diesem Abend präsentieren sich die jungen Frauen aus Unterfranken unter anderem als Filmorchester und als Hardrockband dem Publikum in den altehrwürdigen Klostermauern.
„La Finesse“ nehmen das begeisterte Publikum mit auf eine Reise auf dem alten Dreimastschoner der „Onedin-Line“, erinnern an die schrullige alte Dame aus den Agathe-Christie-Filmen oder lassen den Duft von „Chocolat“ durch den Festsaal ziehen. Sie lassen es mit James Bond und „Mission impossible“ richtig krachen und versetzen die Besucher mitten hinein in die Kämpfe der Piraten der Karibik. Witzig ihre Darbietungen mit der „sympathischen Standuhr“ Regine (Brand) oder als ein Besucher zur „Schreibmaschine“ wird. Überhaupt ist der Funke an diesem Abend schnell auf die Zuhörer übergesprungen, sie machen mit beim Konzert, unter anderem, indem sie mit dem Anreißen eines Papierblatts zu Schlagzeugern werden.
Doch die vier können nicht nur feurig aufspielen. Einfühlsam und schwermütig ist ihr „Summertime Blues“ von George Gershwin oder die Filmmusik zu „Der Duft von Lavendel“, die zum Träumen einladen. Faszinierend, welch verschiedene Stimmungslagen die Musikerinnen mit ihren Streichinstrumenten auszudrücken vermögen. Sie zupfen mit dem Bogen, springen, hämmern und jagen über die Saiten und entlocken Violine, Bratsche und Cello die tollsten Töne. Selbst die Schraubengeräusche oder das Ächzen eines U-Boots im Grenzbereich des Wasserdruckes vermögen sie täuschend echt bei der Filmmusik aus „Das Boot“ zu simulieren.
Zwischen den einzelnen Stücken streuen die Musikerinnen immer wieder Lebensweisheiten ein, die zum Schmunzeln anregen, wie „Wer mit 70 eine reizende alte Dame werden will, muss schon mit 17 damit anfangen!“, oder „Wer braucht schon Kunst und Kultur, wir brauchen einen Big Spender!“ Der Lohn: frenetischer Applaus und Standing Ovations. Diesen lassen die Frauen noch zwei furiose Zugaben folgen.