Kann fast nicht sein, immerhin kam sie mit Schwangerschaftsbäuchlein auf die Bühne des Stockheimer Gemeindesaals, und verkündete mit Blick auf dasselbe: „Ich rette Deutschland! Einer muss es ja machen“
Kein Wunder, dass diese Rettung Deutschlands vor dem Aussterben die Kabarettistin auch in ihrem Programm „Nackig - Der Kampf ums letzte Hemd“ beschäftigte. Und so las sie aus der Autobiographie eines ungeborenen Kindes, das aus Mutters Schreien im Kreißsaal schließt, dass sein Name wohl PDA ist und sich für den Weg in die Welt noch ein Stück Mutterkuchen als Wegzehrung mitnimmt.
Lakonie als Stilelement
Schon hier entfaltete sich ein wesentliches Stilelement der Komik von Barbara Ruscher: Die Lakonie, mit der sie manches darbietet, und die sehr wirkungsvoll kontrastieren kann mit großen Worten und der erwarteten inneren und äußeren Bewegung.
Ins Extrem gesteigert zeigte sich die Lakonie im Lied zur „Bundesgartenschau“: Monoton mit zwei Plastikstäben vor sich hintrommeln berichtet Barbara Ruscher über Blütenorgien. Doch „nicht immer ist es ein Genuss, gerät der Körpersaft in Fluss“ - zumindest dann nicht, wenn das Kribbeln, Jucken und die innere Unruhe eine so profane und unerotische Ursache haben wie eine Pollenallergie.
Begriffe drechseln und mit Sprache spielen kann Barbara Ruscher auch. Denn keiner kann ernst bleiben, wenn sie, durch entsprechende Mimik untermalt, von „Ayurvedischer Klangschalen-Gymnastik im Sauerländischen Grenzland“ erzählt, oder vom Vollkornbrot, „von Naturstein-plombierten Waldorfschülern mundgeschrotet“?
Hinreißende Profanitäten
Hinreißende, höchst amüsante kleine Profanitäten sind das, ebenso wie die Schwierigkeiten, die Barbara Ruscher hat, seit eine Putzfrau sich um die Wohnung kümmert und man vier Stunden vor deren Ankunft damit beschäftigt ist, die Wohnung in den Zustand der Putzfähigkeit zu versetzen.
Nicht immer allerdings geht es um Putzmittel und Hängepetunien. Und so hat nicht nur der neue Erdenbürger eine Stimme im Programm von Barbara Ruscher, sondern auch deren Mutter, die sie mit den Worten „Schön, dass Du kommst, wie willst Du eigentlich beerdigt werden?“ zum Nachmittagskaffee empfängt, woraus sich dann ein längerer Dialog entspinnt über all die vielen unbegrenzten Möglichkeiten, die es beim Ableben halt so gibt: Designerurne, von Wolfgang Joop handgetöpfert, oder doch eher „Sterbe-Outsourcing“ noch Polen, weil die Einäscherung dort billiger ist.
Geburt und Tod, damit sind die Eckpunkte des Lebens bereits umrissen. Und dazwischen? Leidet man wahrscheinlich an „decision disease“, Entscheidungsschwäche angesichts all der Möglichkeiten. Was ja schon beim Essen losgeht: „Holste was? Kochste was? Holste was und kochstes dann? Lässte deinen Freund kochen und holst dann doch was?“
Und so besingt Barbara Ruscher scharfsinnig die „German Angst“, glossiert und bespöttelt, ohne dabei uncharmant zu werden, deutsche Befindlichkeiten - und bleibt dabei keineswegs bei unpolitischer Comedy stehen.
Man hätte ihr mehr Publikum in Stockheim gegönnt. Wer anwesend war, der allerdings hat sich köstlich amüsiert.