Die Würzburger Psychologin und Gestalttherapeutin Friederike von Bruchhausen begleitet unter anderem Kinder mit schwierigen Familienverhältnissen, die vom Netzwerk für Soziale Dienste in Salz (Lkr. Rhön-Grabfeld) betreut werden.
Frage: Haben Sie Erfahrungen mit Young Carer gemacht?
Friederike von Bruchhausen: Keine, die ausschließlich mit körperlich erkrankten Familienmitgliedern zu tun hatten, wohl aber mit Kindern psychisch erkrankter Eltern, die auch körperlich erkranken. In allen Fällen muss man den Kindern klarmachen, dass sie nicht schuld sind an der Situation. Die Aufklärung über Krankheitsbilder und damit verbundene eigene Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen sind sehr wichtig.
Frage: Wie kann man Kinder und Jugendliche in dieser Situation unterstützen?
von Bruchhausen: Vor allem geht es darum, der Gefahr der Parentifizierung entgegenzuwirken, wie wir Psychologen den Rollentausch zwischen Eltern und Kindern nennen. Es braucht zudem erwachsene Vertrauenspersonen, zu denen auch eine emotionale Beziehung besteht. So kann man offen mit den auftretenden Gefühlen umgehen, was eminent wichtig bei der Verarbeitung der Situation ist. Besonders bedeutsam erscheint mir aber auch, ein Bewusstsein für die Situation der Young Carer in der Öffentlichkeit und in verschiedenen Berufsgruppen herzustellen, um auch jene Kinder und Jugendliche zu erreichen, die von sich selbst aus keine Unterstützungsangebote aufsuchen.
Frage: Die 14-jährige Lana Rebhan, die selbst ein Young Carer ist, hat zusammen mit ihren Eltern eine Website für Hilfsangebote ins Leben gerufen. Wie beurteilen Sie das?
von Bruchhausen: Die Idee ist super. Wenn das gelingt, wofür ich die Daumen drücke, und wächst, dann wird das Projekt groß. Zu groß für drei Menschen. Da braucht es dann mehr Beine und Fachlichkeit, als da im Moment ist. Ich spüre nämlich auch Sorge, wenn ich mir vorstelle, wie viel Zeit, Arbeit und Anstrengung es erfordert, dieses Projekt zu stemmen. Lana hat sehr früh viel für sich entdeckt, gelernt und heilsame, kreative Wege im Umgang mit schweren Situationen für sich gefunden. Aber sie muss auch Raum für alterspezifischen Trotz und Protest haben und die Möglichkeit, auch etwas ganz anderes machen zu wollen. Wenn ich die ebenfalls tolle Idee mit den Patenschaften ernst nehme, dann braucht es auch Auswahlkriterien, fachliche Anleitung und Supervision für die Paten. Hier beziehe ich mich auf meine Erfahrungen mit Pflegeeltern, die sehr unterschiedlich für ihre herausfordenden Aufgaben vorbereitet werden.