Wann bekommt man als Zuschauer an einem Abend gleich ein ganzes Paket von Klassikern wie den Oberon aus dem Sommernachtstraum, Sänger/innen aus der Oper Carmen oder Wagners Ring, einen Talk mit Tommy und seinem Gast, einem fränkischen Briefträger aus Versbach bei Würzburg, einen gealterten Tangospieler, den schlechtesten Chor der Welt und zahlreiche weitere bekannte und unbekannte Vertreter der schönen, schrägen und starken Künste zu sehen und zu hören? Genau das war am vergangenen Samstag bei der Aufführung von Thomas Glasmeyers "Blähungen" im Bildhäuser Hof in Bad Neustadt der Fall.
In seinen der Gattung der Shortstories ähnelnden Geschichten treten in diesem opulenten zweistündigen Programm siebzehn Figuren auf, die alle eines verbindet: Sie haben ihre beste Zeit als Schauspieler/innen, Sänger/innen oder Liebhaber/innen oder Möchtegernkünstler hinter sich. Doch wenn sie darüber erzählen oder Beispiele ihrer Großtaten präsentieren, dann im Brustton der allen Selbstdarstellern eigenen Wichtigtuerei.
Der Würzburger Thomas Glasmeyer bedient sich dabei eifrig aus seinem reichhaltigen Fundus an Dialekten und Idiomen. Wenn der unterfränkische Briefträger Albin aus „Verschbach“, fragt, "Was soll ich n sach?" bevor er als führender Kopf der Rufbra (Revolutionäre Unterfränkische Befreiungsarmee) loslegt und in astreinem Frängisch dem Interviewer seine Weisheiten über das Postwesen und seine Erlebnisse ins Mikro deklamiert, seine "Fraa" im weiß blauen Kostüm auf dem blau weiß gestreiften Sofa über die Wirkung ihrer "Ärotig" sinniert oder Mister Blackman in einem Kauderwelsch aus amerikanisch und deutsch seinem Unmut Luft macht oder der Kulturbeauftragte, der das Programm moderiert, heftig schwäbelt, zieht Glasmeyer alle Register der Sprechkunst. Jede seiner maßgeschneiderten Figuren redet mit einem speziellen Zungenschlag oder einem erkennbaren Akzent. So auch der gealterte Tangospieler aus Argentinien, der in seinem Leben fünf oder sechs (oder waren es doch sieben?) Frauen gehabt hat und seufzend mit seinem Bandoneon das Klagelied der verflossenen Liebschaften spielt. Schnief!! El Rocco spricht natürlich deutsch mit spanischem Akzent oder umgekehrt. So genau weiß man's nie.
Trotz der so verschiedenen Geschichten hat man als Zuschauer nie den Eindruck, dass sie einzeln für sich stehen. Wie selbstverständlich fügen sie sich an- und ineinander und werden durch den Puppenspieler und Erzähler, der immer auch teilnehmender Akteur ist, zusammengehalten.
Von: Armin Meisner-Then, für das Puppentheater Thomas Glasmeyer