Immer weniger Menschen hinterfragen die Herkunft und Verarbeitung ihrer Lebensmittel und der Produkte, die sie fertig verpackt einkaufen. Schülerinnen und Landwirte scheinen heute in Parallelwelten zu leben. Sie haben kaum noch Berührungspunkte. Dagegen hilft nur eine "Realbegegnung": Mit dem Konzept "Schule fürs Leben" sollen den Kindern und Jugendlichen - egal, ob Mittelschule oder Gymnasium, Erstklässler oder Abiturienten - Kompetenzen vermittelt werden, die sie für das Privat- und Erwerbsleben benötigen. Im Mittelpunkt stehen Themen wie Haushaltsführung, Wissen über die heimische Natur und Landwirtschaft, Klimaschutz undgesunde Ernährung.
"Eigentlich sollten die Projektwochen schon vor zwei Jahren eingeführt werden", berichtet Kreis-Bäuerin Margit Ziegler bei einem Pressegespräch in Fladungen. "Doch während Corona ging das einfach nicht". Aber dieses Jahr hoffe man nun endlich mit dem Projekt starten zu können. Alltagskompetenzen zu vermitteln, ist den Landfrauen ein Herzensanliegen. Mit spannenden Themen wollen die Bäuerinnen den Unterricht bereichern und dabei einen Bezug zum alltäglichen Leben herstellen.
Praktisches für den Alltag
Es geht um ganz praktische Alltagsthemen: Woher kommt unsere Milch? Wie baut der Landwirt Getreide an, sodass Mehl zu Brot gebacken wird? Und welche Geräte braucht er auf seinen Feldern? Es ist dieses Basiswissen, das vielen Kindern in der heutigen Zeit fehlt. "Wir können auf all diese Fragen eine Antwort geben und den Unterricht mit ausgearbeiteten Projektthemen unterstützen", so Margit Ziegler.

Dazu verwies sie auf einen Flyer des BBV-Kreisverbands Rhön-Grabfeld, in dem eine Vielzahl von Angeboten aufgeführt ist. Diesen übergab die Kreis-Bäuerin stellvertretend für alle Grund- und Mittelschulen an Schulamtsdirektor Karl-Heinz Deublein. Der Pädagoge weiß selbst aus eigener Erfahrung, dass Kinder Natur und Landwirtschaft ganz anders wahrnehmen, wenn sie es einmal praxisnah erfahren haben. Für den Schulamtsdirektor steht fest: "Was mit Emotionen zusammenhängt, bleibt länger im Gedächtnis." Der Besuch auf dem Bauernhof war und ist wichtig, sagt Deublein, weil er eine enge Verbindung zwischen Kindern und ihrer Heimat schafft.
Einblicke für mehr Durchblick in der Landwirtschaft
Auch Kreis-Bäuerin Margit Ziegler und ihre Kolleginnen finden, dass es an der Zeit ist, Kindern und Jugendlichen direkte Einblicke in die Zusammenhänge der Natur, den Umgang mit Tieren und die Herkunft ihrer Nahrungsmittel zu geben. Solche Erfahrungen werden meist nicht mehr unmittelbar erlebt, sondern Wissen wird häufig aus zweiter oder gar dritter Hand weitergegeben. Dabei gehen wertvolle Informationen verloren und es werden kaum noch realistische Bilder der Lebens- und Arbeitswelt Bauernhof vermittelt. Gleichzeitig wächst bei vielen Jugendlichen das Interesse, Näheres darüber zu erfahren, wie ihre Lebensmittel entstanden sind, sagt Margit Ziegler.
Nicht nur Unterstufen- und Mittelstufenschüler verfügen über ein geringes Wissen, was die Landwirtschaft und die Herkunft von Lebensmitteln angeht. Auch manche Sekundarschüler haben hier noch Nachholbedarf. Kreis-Bäuerin Margit Ziegler sagt: "Viele kennen nur das Gemüse, das zu Hause auf den Tisch kommt." Deshalb sei es nicht verwunderlich, wenn gewisse Gemüsesorten, die die Eltern nie kauften, den Jugendlichen kein Begriff mehr sind.
Exkursionen auf dem Stundenplan
Um die Wissenslücken zu schließen, wollen die teilnehmenden Bauernfamilien den Klassen einen Einblick in ihre Arbeit geben, wie sie Lebensmittel oder Energie erzeugen. Zugleich sollen mehr Alltagskompetenzen vermittelt werden - eine langjährige Forderung der BBV-Landfrauen. Wie die Projektwoche gestaltet wird, das darf jede Schule vor Ort selbst entscheiden. Jedoch ist Herzstück des Konzepts die Zusammenarbeit mit externen Fachleuten und die Durchführung von Exkursionen – zum Beispiel auf landwirtschaftliche Betriebe.
"Die Coronakrise hat gezeigt, wie wichtig die heimische Produktion von Lebensmitteln sein kann", so Schulamtsdirektor Karl-Heinz Deublein. Auch der Krieg Russlands gegen die Ukraine bedeute für alle ein Umdenken. "Was können wir selbst vor Ort leisten?", stellt sich vielen die Frage. Die Projektwochen können zeigen, "wie vielfältig unsere Bauern arbeiten", ist Deublein überzeugt.
