Schöner hätte die Begrüßung der Gäste zur Abschlussveranstaltung des Rotmilan-Projekts nicht ausfallen können. Die acht Jahre alte Rotmilan-Dame Lucia saß auf dem Arm von Matthias Hohmann (Verein für Umweltbildung und Greifvogelhilfe, Haunetal). Sie ist das Maskottchen des Rotmilan-Projektes und wurde eigens für die Umweltbildung gezüchtet. Ihr klarer und wacher Blick faszinierte wohl jeden Teilnehmer, der an ihr vorbei ging. Für ein Foto musste vor Beginn der Veranstaltung Zeit sein, denn wann kann man schon einen Rotmilan aus dieser Nähe betrachten.
Der Rotmilan ist ein europäischer Greifvogel, über 50 Prozent des Weltbestandes sind in Deutschland beheimatet. Eine der Milan reichsten Regionen ist die Rhön. Da der Milan in anderen Regionen durchaus bedroht ist, zeige sich die hohe Verantwortung Deutschlands für den Schutz dieses Greifvogels. Martin Kremer (Hessische Verwaltungsstelle Biosphärenreservat) erinnerte an die Anfänge, die bis ins Jahr 2011 zurück reichen. Damals wurde das Bundesprogramm "Biologische Vielfalt" gestartet und erste Überlegungen entstanden, ein Rotmilan-Schutzprojekt auf die Beine zu stellen.
Ein länderübergreifendes Projekt
"Für mich war es die Art schlechthin. Ein Sympathieträger, ein Vogel mit einem positiven Image, der gerne gesehen wird, wenn er über die Dörfer kreist. Es ist der Charaktervogel, der Wappenvogel der Rhön." Viele Gespräche mit den damaligen Vereinen und Akteuren aus Forst- und Landwirtschaft sowie Politik seien geführt worden und schnell sei klar gewesen, dass es kein reines hessisches Projekt sein werde. So wurde es zum länderübergreifenden Projekt und damit auch ein Vorzeigeprojekt in Sachen Artenschutz über Bundesländer- und Landkreisgrenzen hinweg.
Der offizielle Startschuss für das Rotmilan-Schutzprojekt wurde 2014 gegeben. 910.000 Euro Fördermittel wurden bis 2020 zugesagt. Es begann mit einer Bestandsaufnahme und Kartierung der Brutplätze. 390 Revierpaare habe die Rhön auf 4900 Quadratkilometern Fläche vorzuweisen. Über 200 ehrenamtliche Kartierer haben sich im Laufe der sechs Jahre engagiert, wobei die Kartierung in diesem Frühjahr noch fortgeführt wird. Das Projekt endet formal erst im Sommer 2020.
Verbesserung der Qualität der Brutplätze
Über die sechsjährige Arbeit berichteten Heidi Witzmann und Julian Oymanns. Ziel war nicht nur die Erfassung der Bestände, sondern vor allem die Verbesserung der Qualität der Brutplätze durch Schutzmaßnahmen sowie die Verbesserung der Nahrungshabitate durch eine enge Zusammenarbeit mit Landwirten und entsprechende Fördermaßnahmen. Dass diese gelungen sei, zeigen die Zahlen der vergangenen Jahre. 82 Prozent erfolgreiche Bruten oft mit mehr als einem Jungen gelinge den Paaren in der Rhön. Entscheidend sei, dass die Horste in der Brutzeit von Menschen nicht gestört werden, da die Vögel die Brut schnell aufgeben und Ersatzbruten an anderen Standorten kaum vorgenommen werden. Neben Störungen durch Menschen seien der Waschbär und Baummarder als Nesträuber Störfaktoren. Schutzmanschetten wurden hier als Hilfsmittel angebracht.
Ein großer Bestandteil des Projektes befasste sich mit der Verbesserung der Nahrungsquellen. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft nahm das Nahrungsangebot kontinuierlich ab. Gemeinsam mit Landwirten wurden Themen wie Mahdintervall, der Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz und Düngung und Ackerbrachen mit speziellen niedrigen Blühmischungen umgesetzt, um dem Rotmilan die Jagd zu ermöglichen. 41 Betriebe in Bayern, Hessen und Thüringen haben sich an dem Projekt beteiligt, wobei die meisten Betriebe aus Hessen kamen, die größten Flächen aber auf bayerischer Seite eingebracht wurden.
Rotmilan ist ein Charaktervogel der Rhön
Martin Kremer ist überzeugt, dass das Rotmilan-Projekt auch nach dessen Abschluss nicht vergessen wird. Durch die breite Akzeptanz in der Bevölkerung geht er davon aus, dass es ein dauerhaftes und nachhaltiges Projekt auch über die Förderzeit hinaus sein werde. "Wir sind auf einem guten Weg, dass der Rotmilan auch künftig der Charaktervogel der Rhön bleibt."
SteckbriefDer Rotmilan hat eine Flügelspannweite von zirka 1,70 Meter. Zu erkennen ist er an den langen schmalen Flügeln und dem langen tief gegabelten Schwanz. Den Winter verbringt der Rotmilan in Südwesteuropa. Ende März kommt er zurück in die Rhön und gilt daher auch als Frühlingsbote. Zwei bis drei Eier legt das Weibchen. Die Brutzeit beträgt 33 Tage. Bevorzugte Brutplätze sind Randbereich von lichten Laub- und Mischwäldern. Der Rotmilan jagt Kleintiere und er ist ein Aasfresser. Er nutzt überwiegend Offenland für die Nahrungssuche.