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WECHTERSWINKEL: Sammeldosen rufen Erinnerungen wach

WECHTERSWINKEL

Sammeldosen rufen Erinnerungen wach

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    Anschaulich: Museumspädagogin Anne Kraft lässt in der Ausstellung im Kloster Wechterswinkel einen „Neger“ mit einer Münze nicken und demonstriert die Funktionsweise der damaligen Sammeldosen.
    Anschaulich: Museumspädagogin Anne Kraft lässt in der Ausstellung im Kloster Wechterswinkel einen „Neger“ mit einer Münze nicken und demonstriert die Funktionsweise der damaligen Sammeldosen. Foto: Fotos: Stefan Kritzer

    Bis von ein paar Jahrzehnten gehörten sie bei Sammelaktionen für einen guten Zweck einfach mit dazu. Die Spardosen mit dem Bildnis eines armen Kindes mit zumeist dunkler Hautfarbe, das auch noch mit dem Köpfchen nickte, wenn eine Münze eingeworfen wurde. Diese als „Nickneger“ immer noch bekannten Sammeldosen sind heute schon allein ihrer diskriminierenden Aussage wegen längst aus Kirchen wie aus Sammelaktionen verschwunden. Grund für den Bezirk Unterfranken, dieses Thema der jüngeren Kulturgeschichte aufzuarbeiten, solange sich sowohl Sammeldosen wie Zeitzeugen noch unter uns befinden.

    Die Münze klappert in der Dose, das „Negerkind“ nickt mit dem Kopf und äußert so seine Freude über die Spende. Vor ein paar Jahren kam Anne Kraft, damals noch im Studium an der Universität Würzburg, auf die Idee, die Geschichte dieser heute nicht mehr gesellschaftsfähigen „Nickneger-Sammeldosen“ zu erforschen. Jetzt hat Anne Kraft, heute Museumspädagogin im Freilandmuseum Fladungen, gemeinsam mit Bezirksheimatpfleger Professor Dr. Klaus Reder und einer größeren Menge an Studierenden eine ganze Ausstellung zu diesem Thema erarbeitet.

    Im Kloster Wechterswinkel ist diese neue Ausstellung, die vielleicht bald als Wanderausstellung des Bezirks auf Reisen geht, unter dem Titel „Lass mich Ärmsten freundlich nicken – Sammeln für die Mission im Wandel der Zeit“ unter großem Publikumsinteresse eröffnet worden. Dazu spielte die Percussionsgruppe Ra-Ta-Tong unter der Leitung von Herbert Waibl auf.

    „Bei der Ausstellung 'Missionsspardosen' ist eine gute Mischung aus wissenschaftlicher Aufarbeitung und kurzweiliger Vermittlung für die Besucher gelungen“, sagte der stellvertretende Landrat Josef Demar in seiner Begrüßung. Gerade die Generation im etwas fortgeschrittenen Alter erinnere sich noch sehr gut an die damaligen „Nickneger“. „Aus wissenschaftlichen Gründen bleiben wir bei dieser diskriminierenden Bezeichnung und verwenden sie heute als Fachbegriff“, sagte Anne Kraft in ihrer Erläuterung der Ausstellung. „Der damaligen Massenware dieser Sammeldosen gehen wir jetzt mit volkskundlichem Werkzeug auf den Grund.“

    An Weihnachtskrippen und neben Kassen in katholischen Geschäften – überall standen damals diese Sammeldosen, die sich hier und da über die Zeit gerettet haben. Für Klaus Reder ein durchaus nostalgisches Thema: „Die Ausstellungsstücke aus den 40er und 50er Jahren rufen bei vielen Erinnerungen wach!“ Was für die ältere Generation nostalgisch ist, das mutet für die Jungen exotisch an, so der Bezirksheimatpfleger. Dass es sich bei diesem Thema nicht um eine speziell unterfränkische Erscheinung handelt, ist Reder klar. „Wir wollen damit einen Impuls für die Forschung geben.“

    Allein Sammeldosen mit den nickenden Köpfen sind in der Ausstellung aber nicht zu sehen. Vielmehr wird der Wandel der Zeit beim Sammeln für die Mission in vielerlei Aspekten aufgearbeitet. Von den Sternsingern bis zur Werbepostflut, von den bis heute üblichen Faltschachteln für einen guten Zweck bis zur Litfaßsäule mit Plakaten und Spendenaufrufen. Die Studierenden der Uni Würzburg haben das Thema bewusst weit aufgegriffen und bis in die Gegenwart bearbeitet. Für Anne Kraft ist die Arbeit mit der nunmehr vorliegenden Ausstellung aber noch nicht abgeschlossen. Sie will ihre Dissertation über dieses Thema schreiben.

    Die Ausstellung „Lass mich Ärmsten freundlich nicken“ ist bis 6. Januar in Kunst und Kultur Kloster Wechterswinkel zu sehen. Geöffnet ist immer mittwochs bis sonntags und an Feiertagen von 13 bis 17 Uhr.

    Am Sonntag, 7. Dezember, gibt es eine Führung durch die Ausstellung mit Christina Meinusch, die an der Konzeption beteiligt war. Am Samstag, 20. Dezember, leitet Meinusch eine weitere Führung, und ihr Sohn Yannick gestaltet zeitgleich um 14.30 Uhr die neu ins Leben gerufene Führung „Kinder führen Kinder“ durch die Ausstellung.

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