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BAD NEUSTADT: So spannend kann ein Blick in die Geschichte sein

BAD NEUSTADT

So spannend kann ein Blick in die Geschichte sein

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    Der Brotstifter: Das Grabmal von Hanns Heinrich Truchseß von Wetzhausen (1544 -1590) befindet sich in der Barockkirche von Wetzhausen. Der Ritter soll in großer Gefahr das Gelübde geleistet haben, jedem Dorfkind regelmäßig einen Laib Brot zu geben. Seine Stiftung hatte über 300 Jahre Bestand, erst im Ersten Weltkrieg wurde das Brot für die Kinder rationiert.
    Der Brotstifter: Das Grabmal von Hanns Heinrich Truchseß von Wetzhausen (1544 -1590) befindet sich in der Barockkirche von Wetzhausen. Der Ritter soll in großer Gefahr das Gelübde geleistet haben, jedem Dorfkind regelmäßig einen Laib Brot zu geben. Seine Stiftung hatte über 300 Jahre Bestand, erst im Ersten Weltkrieg wurde das Brot für die Kinder rationiert. Foto: Foto: Wetzhausen

    (nic) Die Geschichte der eigenen Familie vom Mittelalter an berichtete Hanns-Martin Truchseß von Wetzhausen im Rahmen der Spiegelsaalvorträge im Schlosshotel Neuhaus. Ines Freifrau von und zu Guttenberg, die die Spiegelsaalvorträge zusammen mit dem Frankenbund veranstaltet, begrüßte den Referenten, dessen Ahnenforschung zugleich fränkische Geschichtsschreibung darstelle.

    Nur einen Einblick in den Stand der Familienforschung könnten seine Ausführungen geben, schränkte Hanns-Martin Truchseß von Wetzhausen vorab ein. Denn das Familienarchiv, das Teil des Staatsarchivs Würzburg war, ist trotz Auslagerung 1945 verbrannt. Geschichte beziehe sich auf das Gewesene, seine Familie ist aber noch gegenwärtig und sei in jüngster Zeit kräftig gewachsen. Nach 45 Jahren des Studiums noch vorhandener Urkunden, Briefe und Sekundärquellen haben seine Erkenntnisse Gesichter und Lebensläufe erhalten, die sich in den Haßbergen und im Grabfeld und auch an anderen Orten ansiedeln lassen.

    Der Name „Truchseß“ war im Mittelalter eine Amtsbezeichnung, lange bevor er zu einem Nachnamen wurde, führte der Freiherr von Wetzhausen aus. Der Truchseß war für die Verpflegung zuständig und als Vorkoster war er für die Sicherheit seines Herrn unverzichtbar.

    Der erste Truchseß der Henneberger ist 1217 benannt, allerdings gibt es in den folgenden 100 Jahren eine Vielzahl von Truchsessen, deren Ortsbezeichnungen je nach Lehen wechseln. Der Name Truchseß ist wichtig, so von Wetzhausen. Doch die genealogische Zuordnung der Familie ist schwer, denn die Ortsbezeichnung wechselt mit den Lehensrechten. Erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts beginnt eine sicher nachweisbare Ahnenreihe mit Diez Truchseß, der mit Sohn Johannes den Zehnt für Gabolshausen erhielt.

    Die seit Jahren andauernden Machtkämpfe zwischen dem Hochstift Würzburg und den Grafen von Henneberg konnten 1283 vertraglich vorerst beigelegt werden. Graf Berthold IV dehnte die Grafschaft Henneberg von Thüringen bis an den Main aus. Doch wenige Jahre nach seinem Tod zerfiel die Grafschaft durch unglückliche Erbteilung. Und was dem Hochstift Würzburg durch Kampf nicht gelang, erhielt es durch Kauf 1354: die Lehnshoheit im Grabfeld und in den Haßbergen. Glücklich für die Truchsesse von Wetzhausen: Diez Truchseß erbte Wetzhausen 1353 von seinem Schwiegervater und hatte damit einen Allodbesitz mit Burg und eigener Gerichtsbarkeit. Eine unabhängigere Position gegenüber den neuen Lehnherren, den Bischöfen von Würzburg, war entstanden. Wesentlich wirkten die Truchsesse jetzt jedoch in den Haßbergen, denn seit 1372 waren Truchseß-Brüder mit dem „Forstamt über den Haßberg“ belehnt. Für mehr als 500 Jahre sollten die Nutzungsrechte über das Waldgebiet zur wesentlichen Lebensgrundlage der Familie werden.

    Im 15. Jahrhundert wurden die Truchsesse von Wetzhausen die dominierende Familie in den Haßbergen zwischen Königsberg, Stadtlauringen und Königshofen. Wesentlich trug die Namensklärung bei: Vertraglich verabredeten die Truchsesse von Wetzhausen „oder wo sie sonst sitzen“ die gemeinsame Nutzung des Wappens, der Kaiser bestätigte 1442 allen Mitgliedern der Familie die Verwendung des einheitlichen Namens Truchseß von Wetzhausen.

    Hochmeister des Ritterordens

    Als wohl am bedeutsamsten unter vielen anderen nannte von Wetzhausen seinen Vorfahr Martin Truchseß von Wetzhausen (1429 -1489), der 1477 zum 34. Hochmeister des Deutschen Ritterordens gewählt wurde, dessen Niedergang er aber nicht aufhalten konnte.

    Einige Vorfahren kann man übrigens besichtigen: Ihre Grablegungen befinden sich in der barocken Dorfkirche Wetzhausen, in Stein gemeißelte Ritter und ihre Frauen, die so manches Mal die Geschicke der Familie leiteten. 35 Epitaphien stellen eine fast ununterbrochene Reihe von Generationen über 250 Jahre dar, fränkisches Rittertum in einer „wirklich sehenswerten Kirche“.

    Reformation und Gegenreformation hinterließen in der Familie Spuren, nicht einheitlich setzte sich Luthers Lehre durch, auch der Dreißigjährige Krieg ließ die Ritter die Fronten wechseln.

    Heute gehört eines der jüngsten Schlösser Bayerns, Schloss Craheim, der Evangelischen Kirche und ist Sitz eines ökumenischen Tagungszentrums und der Lebensgemeinschaft für die Einheit der Christen. Erbaut wurde Craheim vor 100 Jahren, weil das alte Schloss zu kalt und unmodern war, mit den Geldern einer amerikanisch-deutschen Millionärin, die den Schlossherrn heiratete.

    Das alte Schloss von Wetzhausen ist ein ehemaliges Wasserschloss, heute leer stehend, mit 400 Quadratmetern auf jeweils vier Etagen eine große Vierflügelanlage, teilsaniert, aber mit ungewisser Zukunft. Der adelige Name der Freiherren Truchseß von Wetzhausen ist nur noch ein Bestandteil des Namens, sagt Hanns-Martin Truchseß von Wetzhausen. Als Filmkulisse haben das alte Schloss und auch das Dorf Wetzhausen schon gedient, unter anderem für „Das Sams in Gefahr“ nach dem Buchautor Paul Maar. Referent Hanns-Martin Truchseß von Wetzhausen lebt auf Schloss Bundorf.

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