„Nein!“, Sophie schaut ungläubig zu ihrem Vater. Dann umarmt sie glücklich ihre Tante. Die hat ihr soeben mit Tränen in den Augen zugeflüstert: „Dein Schlitten ist wieder da!“
Vier Tage lang war Sophie aus dem Staatsbad Bad Brückenau wohl das unglücklichste Kind der Welt. Nicht einmal mehr sprechen wollte sie über den Rodelweltrekord auf der Wasserkuppe am vergangenen Samstag.
Dort hatte man ihr und ihrer Tante Jessica Wind die beiden Weltrekordrodel praktisch vor der Nase gestohlen. Tante Jessica (31) hatte daraufhin in Zeitungen, im Radio und im Internet einen Aufruf gestartet mit der Bitte, die beiden Schlitten wieder zurückzugeben.
Nach vier langen Tagen geschieht etwas, womit beide nicht mehr gerechnet haben – Dienstagnacht erhält Jessica Wind die ersehnte Nachricht: „Mein Freund hat ihre Schlitten und bringt sie am Mittwoch vorbei.“
Die gestohlenen Rodel hatten einen abenteuerlichen Weg genommen. Eine Familie hatte sie einem jungen Snowboarder auf der Wasserkuppe abgekauft. Besonders dreist: Der junge Mann verkaufte die Schlitten praktisch am Tatort gleich vor der Märchenwiesenhütte – nur wenige Meter von Jessica Wind und Sophie entfernt, die gerade beim Essen waren. Da es schon dunkel war, hatte die Familie die Beschriftung mit den Namen der Bestohlenen erst zu Hause entdeckt. Ein Zeitungsartikel über den frechen Diebstahl brachte dann endgültig Klarheit.
Einem Berliner Freund der Familie gelang es, einen Kontakt zu Jessica Wind herzustellen. Die konnte ihr Glück gar nicht fassen, sie brach in Tränen aus: „Für mich war es ein Wunschgedanke. Ich wusste aber, dass es sehr unwahrscheinlich ist.“
Ihrer Nichte Sophie hat sie die gute Nachricht erst einmal verschwiegen, um die Kleine vor einer erneuten Enttäuschung zu bewahren. Erst sollten die Schlitten wirklich da sein.
Doch der Mann hielt Wort und überreichte wie versprochen am Mittwoch die besonderen Erinnerungsstücke. Die zehn Euro, die er dem Snowboarder dafür bezahlt hatte, wollte er nicht. „Ich möchte einfach wieder ruhig schlafen können“, sagte der Mann erleichtert. Diese Aufrichtigkeit überwältigt Wind: „Die gestohlenen Schlitten wurden an die wohl ehrlichsten und freundlichsten Menschen verkauft, die an diesem Tag auf der Wasserkuppe waren.“
Über Facebook bedankte sich die 31-Jährige bei den vielen Unterstützern. Einige Teilnehmer am Weltrekord-Rodelzug hatten den beiden sogar ihre Schlitten angeboten – ein Autohaus in Fulda sogar einen limitierten Schlitten. Doch die waren kein Ersatz für die eigenen Weltrekordrodel.
Das sieht auch Sophie so: „Das ist mein Weltrekord-Schlitten und den gebe ich nie wieder her.“ Samstag soll es wieder auf die Piste gehen. Diesmal mit Sicherheitsschloss.