In Zeiten der Nullzinspolitik haftet den Sparschränken der Odem längst vergessener Ladenhüter an. Als allerdings auch der sprichwörtliche „kleine Mann“ – Frauen mit eingeschlossen – noch Geld fürs Geld bekam, wenn er die Münzen oder Scheine langfristig bei den dafür vorgesehenen Instituten bunkerte, waren sie ein großer Hit. Nach heutigem Stand sagenhafte drei Prozent jährlichen Zins gab es damals auf das Guthaben eines Sparbuchs. Fairerweise darf natürlich auch nicht unerwähnt bleiben, dass die Zinsen für Kredite deutliche höher waren als gegenwärtig.
In Schulen, den damals noch üblichen Dorfläden, Sportheimen und auch Gasstätten, mahnten die an eine Wand montierten, unverwüstlich wirkenden Metallschränke zur sparsamen Lebensführung. 42 Geldfächer mit Einwurfschlitzen besaßen die großen, 26 die kleineren. Die größte Verbreitung fanden die Sparschränke natürlich in den Klassenzimmern der Schulen. „Spare beizeiten – dann hast Du in der Not“ – diese Lebensweisheit wurde den jungen Menschen damals noch eingeimpft.
Opas Spendierhosen
Der Schulspartag, an dem die Fächer geleert wurden, war eine große Sache, erinnern sich Egon Müller, Werner Härter und Hilmar Dürer, alles ehemalige Kassierer der Sparkassenfiliale in Bad Königshofen. Nicht selten mussten Oma und Opa die Spendierhosen anziehen, damit im Fach des Enkels oder der Enkelin nicht gähnende Leere herrschte.
Zwei Mitarbeiter der Sparkasse kamen mit dem Schlüssel in die Schule und öffneten hochoffiziell die Fächer. Das Geld wurde gezählt und der Betrag unter dem Namen des Eigentümers in eine Liste eingetragen. Das Geld wanderte dann meist aufs Sparbuch. Als Geschenke gab es dann Federmäppchen, Malhefte und andere Schulsachen. Bleibt der Vollständigkeit halber noch nachzutragen, dass auch die Raiffeisenbanken solche Sparschränke ausgaben.
Bierchen nach Feierabend
Auch in der legendären und 2006 geschlossenen Gaststätte „Scharfes Eck“ hing ein solcher Kasten, der von den Besitzern der Fächer mit Wechselgeld oder Automatengewinnen gefüttert werden wollte.
Und genau dort trafen sich unlängst die drei ehemaligen Bankangestellten mit dem früheren Bürgermeister Clemens Behr, der vor seiner kommunalpolitischen Karriere, von 1963 bis 1990 – zuletzt als Geschäftsstellenleiter – bei der Bank beschäftigt war, um an die alten Zeiten zu erinnern. Hier waren Egon Müller, Werner Härter und Hilmar Dürer mit Bad Neustädter Kollegen an manchem Samstagmittag auf ein Bier eingekehrt, um quasi das Wochenende einzuläuten.
Denn vor Erfindung des Geldautomaten hatten in den 1960er und 70er Jahren an den Sonnabenden immer drei Sparkassenmitarbeiter Dienst, um den Kunden Geldabhebungen für die Wochenendeinkäufe zu ermöglichen.
Behr hatte aus dem alten Tresor des zum Abriss bestimmten Bankgebäudes mehrere Exemplare dieser Relikte einer Sparkultur vor der Verschrottung gerettet – natürlich mit Genehmigung.
„Denkmalpflege“
Jetzt sucht er Vereine, die sich einen dieser Sparschränke ins Heim hängen wollen – gegen einen kleinen Obolus für diese Art der „Denkmalpflege“.
Manchem der Scharfen-Eck-Besucher mag der Sparschrank, der immer um die Weihnachtszeit geleert wurde, auch als willkommene Ausrede nach allzu langen Tagungen am Zapfhahn gedient haben. „Ich war doch nur beim Sparen“, konnte er mit wahrhafter Entrüstung den Vorhaltungen der besseren Hälfte entgegentreten.