Im Juni letzten Jahres fällt der Polizei eine Frau auf, die offenkundig unter Drogeneinfluss steht. Bei der Durchsuchung ihrer Wohnung in Bad Neustadt findet sie im Kühlschrank 700 Gramm feuchtes Amphetamin und weitere 170 Gramm davon, die bereits mit Koffeinpulver gestreckt sind. Dazu kommen in Tütchen gepackte Kleinmengen, knapp 900 Gramm Koffeinpulver zum Strecken, eine Feinwaage, ein Vakuumiergerät und allerlei Druckverschlusstütchen.
Das Rauschgift gehört nicht der Frau, sondern ihrem Freund, der es in ihrer Wohnung aufbewahrt. Dieser, ein 37-jähriger Industriemechaniker aus dem Kreis Kissingen gibt sofort zu, dass es sich um seine Ware handelt. Einige Wochen davor habe er rund ein Kilo „Speed“ im Rotterdamer Containerhafen von einem Unbekannten für 4000 Euro gekauft und nach Deutschland eingeführt.
Der Mann sitzt seither in Untersuchungshaft. Am Montag musste er sich vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt wegen der unerlaubten Einfuhr und bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verantworten. Der größte Teil der Droge sei für seinen Eigenbedarf gedacht gewesen, sagt er. Seinen Speed-Konsum begründet der Mann mit der Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit bei der Arbeit in einem großen Neustädter Industriebetrieb, insbesondere in den „Nachtschichtwochen“.
Zwei Gramm pro Tag
Vor fünf Jahren habe er nach einer Pause wieder mit dem Amphetamin-Konsum begonnen, erzählt der Angeklagte. Zuletzt will er zwei Gramm pro Tag geschnupft haben. Der psychiatrische Gutachter errechnet dafür einen Finanzbedarf von 800 bis 1000 Euro im Monat. Das ist auch für den Angeklagten, der nicht schlecht verdiente, kein Pappenstiel. Verkauft habe er ab und zu an gute Bekannte – wofür auch Waage, Koffein und Plastiktütchen sprechen. Der Großteil des Stoffes sei aber für seinen Eigenbedarf bestimmt gewesen, so der 37-Jährige, wobei das Kilogramm für weit über ein Jahr gereicht hätte.
Sehr ungewöhnlich ist, dass der Angeklagte trotz seines fortgeschrittenen Alters noch nie mit Rauschgift aufgefallen war, auch nicht mit anderen Straftaten: blütenweiße Weste, kein einziger Eintrag im Bundeszentralregister. Dabei hatte er gegenüber dem psychiatrischen Gutachter eingeräumt, seit langem Amphetamin zu konsumieren, früher auch Ecstasy. Zu seinen Gunsten wertet der Staatsanwalt das umfassende Geständnis, zu seinen Lasten die Drogenmenge und dass drei Pfeffersprays in der Wohnung greifbar waren, womit die Tat zum „bewaffneten Handeltreiben“ wird. Er fordert fünf Jahre und vier Monate Haft, die Verteidigung nur drei Jahre und elf Monate.
Das Gericht urteilt: Vier Jahre und zwei Monate – plus Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Eine Therapie sei laut dem Psychiater angezeigt und erfolgsversprechend. Damit sind alle einverstanden, das Urteil ist bereits rechtskräftig. Künftig will der Angeklagte mit seiner Freundin dem gewohnten Leben entfleuchen, ein Waldgrundstück in Südbayern kaufen, dort zunächst im Zelt und dann in einem selbst gebauten Erdhaus einfach und autark leben. Nach der Haft und Therapie.