Nun gibt es bereits zum dritten Mal seit Mitte des 20. Jahrhunderts Bemühungen, dass Teile Thüringens den Anschluss an Bayern suchen.
Im Oktober 1945, fünf Monate nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs, führte beim ersten Versuch der Zahnarzt und kommissarische Bürgermeister von Heldburg, Helmut Steltzner, Gespräche, um das Heldburger Land Bayern anzugliedern. Grund war, dass die sowjetischen Soldaten das Unterland räumten und sich auf eine Linie bei Streufdorf zurückzogen. Es unterstand aber noch der russischen Kommandantur in Hildburghausen. Fast ungläubig stand man vor der neuen Situation, und überall feierte man das Ereignis als „den Tag der Befreiung“. Viele Bewohner des Bezirks besuchten sofort ihre Verwandten in den nahen bayerischen Grenzorten. Steltzner nahm Kontakt zum bayerischen Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner auf. Dieser versprach, die Angliederung an Bayern zu unterstützen.
Im Herbst 1945 wurde Helmut Steltzner erstmals von den Sowjets verhaftet und nach drei Tagen wieder freigelassen. Am 20. Dezember 1945 rief der kommunistisch gelenkte Beirat der Stadt Heldburg eine öffentliche Versammlung ein, in der gegen die „Verschacherungsabsicht des Bezirks Heldburg“ an Coburg protestiert werden sollte. Doch der Briefwechsel zwischen Bayern und Thüringen stagnierte; man erwog in München den Tausch von Waldgebieten mit Schieferbrüchen, die im Grenzgebiet lagen. Die Pläne zerschlugen sich.
Im Sommer 1950 wegen dauerndem Widerstand gegen die Blockpolitik der SED verfolgt und der vierten Verhaftung entgegensehend, flüchtete Helmut Steltzner mit seiner Familie nach Coburg. Damit war ein erneuter Versuch, den Heldburger Bezirk dorthin zurückzugliedern, wo er bis 1640 gewesen war, gescheitert.
Der zweite Versuch
Nach der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 mehrten sich in Südthüringen Stimmen für eine Eingliederung nach Bayern. So wurde zum Beispiel in Mendhausen ein Anschluss nach Höchheim diskutiert, in Rieth ein Anschluss nach Sulzdorf oder in Hellingen ein Anschluss nach Maroldsweisach. Nicht abreißen wollten damals zudem die Gerüchte, dass das Heldburger Unterland eine Umgliederung in den Landkreis Coburg anstrebe. Wie einem Zeitungsbericht vom 8. November 1990 zu entnehmen ist, wandte sich die SPD-Bundestagsabgeordnete Susanne Kastner aus Maroldsweisach an das Bundesinnenministerium, um zu erfahren, ob von dort Schritte zu einer Volksbefragung in die Wege geleitet wurden. Bereits im Sommer 1990 hatte der FDP-Kreisverband Hildburghausen ein Volksbegehren „Eingliederung des Kreises Hildburghausen in den Freistaat Bayern“ angeregt. Man baue auf die Verbundenheit des Kreises mit dem fränkischen Raum, hieß es.
Der damalige bayerische Ministerpräsident Max Streibl erklärte, wenn im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Gemeinden aus dem südthüringischen Raum nach Bayern wollten, dann werde dies nicht an der Staatsregierung scheitern.
Lieber zu Rhön-Grabfeld
Der CSU-Landtagsabgeordnete Sebastian von Rotenhan (Rentweinsdorf) hatte zuvor bereits angeregt, den „Heldburger Zipfel“ dem Landkreis Haßberge zuzuschlagen. Damit zeigte sich aber der Bürgermeister von Rieth, Detlef Pappe, nicht einverstanden. Seine Bürger wollen in den Landkreis Rhön-Grabfeld, berichtete er. Sein Gemeinderat habe sich in einer informellen Abstimmung bereits einstimmig für einen Anschluss an Bayern ausgesprochen, so Pappe. Rhön-Grabfeld Landrat Fritz Steigerwald verwies auf verfassungsrechtliche Bedenken, sprach sich aber grundsätzlich nicht gegen Eingliederungspläne aus.
Die Bürger im Heldburger Unterland diskutierten damals also intensiv die Umgliederung. Es hieß, man habe sich schon seit eh und je als Franken und nicht als Thüringer gefühlt, spreche den gleichen Dialekt und habe die selben Bräuche und Lebensgewohnheiten. Hieran hätten auch vier Jahrzehnte Eingesperrtsein im DDR-Sperrgebiet nichts geändert.
In einem Flugblatt an die „Bürger des Gemeindeverbands Heldburg“ vom 28. August 1990 ist nachzulesen: „Mit der politischen Wende 1989/90 ergibt sich erneut die historische Chance, das Heldburger Land mit Bayern zu vereinen. Nutzen wir diese günstige Zeit!“ Informellen Charakter hatte eine Abstimmung in Rieth und Albingshausen über den Anschluss an Bayern. 178 Wähler stimmten für Bayern und 55 für Thüringen. Doch aus den Bemühungen wurde zum zweiten Mal nach 1945 nichts. Zu erwarten ist wohl, dass auch der dritte Versuch eines Anschlusses an Bayern nach 1945 scheitert.