Namenlos ist dieses Dorf im thüringischen Grabfeld nicht mehr lange. Der kleine Ort Milz hat zwar um Weihnachten herum seine gelben Ortsschilder verloren. Aber die Sammelleidenschaft der unbekannten Diebe wird nicht allzu kritisch gesehen. Denn zum 1. Januar sind sowieso neue Schilder fällig. Also begnügen sich die Behörden mit einem Tempo-50-Schild am Ortseingang von Milz.
Die neuen Schilder werden fällig, weil es Umwälzendes aus dem Nachbarlandkreis zu vermelden gibt. Denn aus der Verwaltungsgemeinschaft Gleichberge, bestehend aus der Landstadt Römhild und den Gemeinden Haina, Mendhausen, Milz und Westenfeld und der Gemeinde Gleichamberg wird zum 1. Januar die neu gebildete Gemeinde Römhild, die berechtigt ist, die Bezeichnung Stadt zu tragen. Diese neue Gemeinde Römhild besteht dann aus 14 Ortsteilen und ersetzt die bisher sechs selbstständigen Gemeinden. „Stadt Römhild“ wird auf den neuen Schildern stehen, darunter ist der Ortsteil ausgewiesen. Kein Wunder, dass die alten bald Nostalgiewert haben.
Damit entsteht ein kommunales Gebilde, das mit rund 7500 Einwohnern um rund 600 Einwohner größer ist als die Stadt Bad Königshofen, wenn man den Einwohnerstand von Ende 2011 zugrunde legt.
Seit einigen Wochen wird in der VG-Verwaltung in Römhild die Umwandlung in die Stadtverwaltung Römhild zu betrieben. So müssen die Gleichberger in Meldeangelegenheiten seit Mitte Dezember nach Römhild, das eigene Amt ist geschlossen.
In allen sechs beteiligten Kommunen, die fusionieren, wurden in den vergangenen Monaten Straßennamen geändert, um Doppelungen auszuschließen, eine einheitliche Postleitzahl beschlossen und viele weitere Kleinigkeiten abgesprochen, um die Fusion möglichst reibungslos gelingen zu lassen.
Seit Monaten laufen also die entsprechenden Vorarbeiten, obwohl eigentlich erst mit der Zustimmung des Landtags zur Auflösung der Gemeinden sowie der VG die Voraussetzungen geschaffen sind. Aber zwischen der Landtagssitzungen Ende November und dem Jahresende ist natürlich zu wenig Zeit, um eine solche Reform zu organisieren. Der Gemeinde-Zusammenschluss ist eine freiwillige Angelegenheit der thüringischen Kommunen. Eine Art Kopf-Prämie von 100 Euro pro Bürger versüßt den Gemeinden jedoch den Zusammenschluss. 750 000 Euro liegen für die neue Gemeinde Stadt Römhild auf einem Konto bereit.
Wenn zum 1. Januar 2013 also das neue kommunale Gebilde Stadt Römhild existiert, dann sind auch alle amtierenden Bürgermeister der sechs Vorgängerkommunen aus ihren Ämtern geschieden. Für den 24. März 2013 sind Neuwahlen in Römhild anberaumt. Die Funktion des Bürgermeisters nimmt bis zur Wahl laut Bestimmung der Rechtsaufsichtsbehörde Gerd Roßbach aus Hindfeld wahr, bisher Vorsitzender der bald aufgelösten Verwaltungsgemeinschaft Gleichberge. Die Fusion der Gleichberg-Gemeinden ist Teil einer Fusionswelle in Thüringen, die auch für viele Diskussionen im Nachbarbundesland sorgt. Das entsprechende Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden in Thüringen wurde Ende November auf den Weg gebracht. Knapp 40 Gemeinden in Thüringen können sich demgemäß zu 13 neuen Einheiten zusammenschließen.
Gebietsreform auf Kreisebene
Die Gemeindefusionen in Nachbarschaft der Städte Bad Salzungen, Arnstadt und Altenburg werden kritisch gesehen, weil die Leistungskraft der Zentren geschwächt werden könnte. Viel spannender freilich könnte sich die aktuelle Diskussion um eine Kreisreform in Thüringen entwickeln. Eine Erfurter Regierungskommission hat Pläne zu einer Kreisreform im Nachbar-Freistaat ausgearbeitet, die markante Änderungen bringen würden, sollten sie denn umgesetzt werden.
Ausgehend von der an anderen Bundesländern abgeschauten Vorgabe, Landkreise sollten nicht größer als 3000 Quadratkilometer sein und mindestens 150 000 Einwohner haben, hat die Kommission der schwarz-roten Landesregierung ein neues Konzept erarbeitet. Aus den 17 Landkreisen und kreisfreien Städten in Thüringen würden acht Landkreise und die beiden verbleibenden kreisfreien Städte Erfurt und Jena modelliert. Der Präsident des Thüringer Rechnungshofes, Sebastian Dette, hatte gar nur vier Landkreise gefordert. Das lehnen die Experten jedoch ab.
Suhl zum Landkreis Meiningen?
Die kreisfreie, finanziell aber klamme Stadt Eisenach zum Beispiel will bis 2018 in den Landkreis Wartburgkreis aufgenommen werden. Schon wird unter den Landtagspolitikern diskutiert, ob das Mittelzentrum Suhl kreisfrei bleiben soll oder besser im Landkreis Schmalkalden-Meiningen aufgehoben ist.
Mag sein, dass die politische Klasse Thüringens mit der Gebietsreform-Frage auch ihre eigene Zukunftsfrage stellt. Immerhin geht es auch um Landratsposten, die oft von CDU-lern besetzt sind. Die Christdemokraten lehnen den Expertenentwurf derzeit auch ab.
Spannend bleibt der Blick zu den Thüringer Nachbarn auf jeden Fall.