Ein Dachbodenfund – ein alter, mit Dokumenten und einem Notizbuch des Vaters angefüllter Überseekoffer – hat Ulrich-Martin Moebius dazu angeregt, die Geschichte seiner Familie in Kriegs- und Nachkriegszeit für Kinder und Enkel schriftlich festzuhalten, damit sie ihre Wurzeln kennen.
Aus der Idee, die er schon 2002 als Konzept festhielt, wurde ein für alle Leser interessantes Zeitdokument, das anhand der Familiengeschichte einen Einblick gibt in das damalige politische Geschehen und dabei auch die dunklen Ecken beleuchtet, die Verführbarkeit der notleidenden Bevölkerung, die anfängliche Begeisterung, die bald in Ernüchterung umschlug und auch die Überlebensstrategien im und nach dem zweiten Weltkrieg, wo Hamstern, Handeln und auch Stehlen zu einer Frage des Überlebens wurden.
Auf mehr als 100 Buchseiten hat Dr. med. Moebius die Familiengeschichte aufgeschrieben und kommentiert – in einer Sprache, die mit trockenem Humor und einem Schuss Sarkasmus gewürzt ist. Viele Puzzlestücke ergeben beim Lesen des Buches das Bild einer Familie, die zu ihren Überzeugungen stand und mit intelligentem Handeln, mit Beharrlichkeit und Zusammenhalt die Zeit rund um die Stunde Null überlebt hat.
Das im Selbstverlag erschienene Buch mit dem Titel „Maja, Mövchen und das Kleeblatt“ hat Ulrich Moebius im letzten Winter 2010/2011 geschrieben. Der Autor, ehemaliger Arzt in einer Klinik in Berlin-Spandau und bis zum Eintritt in den Ruhestand Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift „Arznei-Telegramm“, war auch Mitglied in staatlichen Sachverständigenkommissionen in Bonn, Berlin und Brüssel und lebt mit seiner Frau Karin im 1968 erworbenen Schloss Waltershausen.
Das Titelbild des Buches stammt von der Fibel, die Ulrich Moebius, wie alle Kinder im Jahr 1944, zur Einschulung bekam. „Wir lernen lesen“ ist in altdeutscher Schrift zu sehen, die Inhalte waren der Zeit entsprechend angepasst. Da wurde Adolf Hitler gelobt, der angelblich schon als kleiner Junge in Österreich beim Spielen der Anführer seiner Kameraden gewesen ist, und das Ziel für die Jungen aus dem „Jungvolk“ beschrieben, die alle mal „tüchtige Soldaten“ werden sollen, „an denen der Führer seine Freude haben wird.“ Eingeschult wurde Ulrich Moebius in Obsteig in Tirol, dorthin war er gemeinsam mit seiner älteren Schwester Barbara und Bruder Paul - vom Vater „das Kleeblatt“ genannt - ab 1941 evakuiert, gemeinsam mit dem Kinderfräulein Lisa. Die Eltern, Maja und Mövchen (Martha und Paul Gustav Moebius) blieben in Berlin, denn als Arzt durfte der Vater nicht ohne Erlaubnis seinen Wohnort wechseln. So blieb der Kontakt zu den Eltern auf gelegentliche Besuche, auf Briefe und Päckchen beschränkt. Wie es dazu kam, dass die Familie das Kriegsende doch im sicheren Tirol gemeinsam erlebte, ist eine spannende Geschichte, die der Autor anhand der gefundenen Notizen genau nachvollziehen konnte.
Mit Bedauern schaut Moebius auf die überwachten und verplanten Kinder von heute. Seine Geschwister und er sind in Freiheit aufgewachsen, in den Tiroler Jahren in einer wunderschönen Natur, angepasst an das karge Leben der Bergbauern. Wie „Bolle auf dem Milchwagen“ hätten sich die Kinder amüsiert.
Das Buch „Maja, Mövchen und das Kleeblatt“ beinhaltet auch viele Gedichte von Paul Gustav Moebius, der das Zeitgeschehen in Versen festhielt und dabei seine Gedanken und Gefühle ausdrückte.
Vor dem Hintergrund der Vorwürfe gegen den ehemaligen Verteidigungsminister zu Guttenberg räumt Moebius gern ein, dass auch er abgeschrieben hat - allerdings gekennzeichnet und belegt.