Das Warten gehört zum Advent. Beim Warten steigt die Spannung. Dabei wird auch manchmal die Zeit lang. So erinnere ich mich an manche Ungeduld im Advent in meiner Kinderzeit. Die Straßen zeigten sich schon in weihnachtlichem Schmuck. In den Geschäften waren die süßen weihnachtlichen Leckereien längst ausgebreitet. Auf dem Weihnachtsmarkt trat ein erwachsenes Christkind auf. Oder war es doch ein Engel? Da erklangen tönend Weihnachtslieder und ließen sich hier und da Weihnachtsmänner blicken.
Auch gab es manches Exotische aus einer märchenhaften Winterwelt: Rentiere, Styropor-Schneemänner, Lebkuchenfiguren, bunte Zuckerstangen. Manchmal dachte ich: spannende, aber auch verwirrende Advents- und Weihnachtszeit! Überhaupt waren so viele Kinder und Erwachsene aufgeregt: Das übertrug und verstärkte sich. Aber das Weihnachtsfest selbst war noch weit, weit weg. Was tun?
Gemütliche Nachmittage Zuhause im Advent
Wie schön war es da, wenn Zuhause an den Nachmittagen, nach Schule und Hausaufgaben, sich Ruhe und eine besinnliche Stimmung ausbreiteten. Draußen dämmerte es früh. Drinnen am Esstisch zündeten meine Geschwister und ich eine Kerze am Adventskranz an. Wir schälten eine Mandarine oder Apfelsine. Sogen den Duft der Kerze, der ätherischen Öle der Zitrusfrüchte und des Tannenreisig ein. Tranken einen warmen Gewürztee.
Besonders adventlich wurde es, wenn uns unsere Mutter etwas vorlas. Am liebsten jeden Tag. Einzelne Adventsgeschichten oder ein Kapitel aus einer fortlaufenden Erzählung. Etwa aus "Marias kleiner Esel": diesem schönen Büchlein über den kleinen störrischen Esel, der die schwangere Maria von Nazareth bis nach Bethlehem trägt. Und auf diesem Weg selbst berührt und verwandelt wird vom Warten auf das Jesuskind und von seiner Geburt.
Wie gerne und eifrig malten wir Kinder nach solchen Geschichten etwas von dem, was wir gehört hatten und lebendig vor unserem inneren Auge entstanden war. Oder schmückten eine Begebenheit weiter aus. Oder fragten neugierig nach den vielen Rätseln und Geheimnissen des Advents und der Weihnachtszeit.
So beschäftigt verflog die Zeit manchmal wie im Flug. Tag um Tag verging, Woche um Woche. Bis doch schneller als gedacht Weihnachten vor der Tür stand. Schöne, besinnliche Adventszeit!
Text: Dominik Bohne
Foto: Fotostudio Thron / Montage: Anne Schmidhuber
Dominik Bohne (59) ist evangelischer Pfarrer in Bischofsheim.
In der Kolumne "Rhöner Adventskalender" schreiben Menschen aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.