Der Landkreis Rhön-Grabfeld ist nicht gerade gesegnet mit klassischen Ruinen. Und ein Teil von ihnen fristet eher ein vernachlässigtes Dasein. Nicht anders erging es dem "Mauerschädel" in Filke, den Resten einer Ansiedlung unmittelbar neben der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Doch jetzt hat zumindest schon einmal das verbliebene Fragment eines Kirchturms ein "Korsett" verpasst bekommen, um wieder in Form gebracht zu werden. Gerhard Schätzlein musste dafür allerdings einen langen Atem an den Tag legen, dass es dazu kam.
Der ehemalige Bürgermeister von Willmars und Autor zahlreicher Veröffentlichungen über die Geschichte der Region und speziell des ehemaligen "Eisernen Vorhangs" hat es von seinem Haus aus kaum 200 Meter bis zum "Mauerschädel", was übersetzt soviel wie "unbewohnbare Ruine" heißt. Das Relikt liegt ihm sehr am Herzen, er hat auch schon aus zahlreichen Archiven allerhand über dessen Geschichte in Erfahrung gebracht. Seiner Meinung nach wäre es Wert, der Anlage mehr Aufmerksamkeit zu schenken, denn der Verfall schreitet voran – vielleicht auch, weil sich niemand so richtig zuständig fühlt, was sie wiederum ihrer wechselvollen Vergangenheit zu verdanken hat.
Dorf wurde im Mittelalter aufgegeben
Die noch erkennbaren Rudimente der Kirche samt Turm, einer Schutzmauer und verschiedener Gebäude gehörten einst zum Dorf Bischofs, das im Mittelalter von seinen Bewohnern aufgegeben worden ist. Vor 500 Jahren erwarb Mittelstreu den angrenzenden Wald und dabei auch die Dorfreste. Aus dem Wald deckte Mittelstreu bis nach dem Zweiten Weltkrieg seinen Bedarf an Brenn- und Bauholz.
Mit der Teilung Deutschlands endete abrupt diese Versorgungsmöglichkeit, denn die Fläche befand sich auf Thüringer Seite – jedoch nicht komplett, die Grenze verlief durch das ehemalige Dorf und mitten durch den Turm. "Dieser unglückliche Zustand verhinderte jeglichen Zugriff – von welcher Seite auch immer", erzählt Schätzlein.
Turm erhielt ein Behelfsdach
Mitte der 70er-Jahre sei es ihm mit Unterstützung eines Bekannten aus der DDR gelungen, eine Grenzbegradigung zu erwirken, die dazu führte, dass die Ruine ab diesem Zeitpunkt auf bayerischer Seite lag und wieder in die Obhut von Mittel- beziehungsweise Oberstreu gelangte. Nun konnte auch eine erste Sanierung in Angriff genommen werden. Der Turm erhielt dann in den 80er-Jahren ein Behelfsdach, um das Eindringen von Wasser zu verhindern. "Seit dieser Zeit passierte nicht mehr viel", bedauert der Heimatforscher.

Das Dach sei bald undicht gewesen, die Natur breitete sich aus, Wurzelwerk zerstörte die Mauern, gefrierendes Wasser sprengte Steine aus dem Turm, den zuletzt auch tiefe Risse durchzogen. In der Zwischenzeit hatte Willmars von Oberstreu die Erlaubnis erhalten, jährlich den traditionellen "Mauerschädel-Gottesdienst" zu halten, der sich auch großen Zuspruchs erfreute. Der Zustand der Anlage verschlechterte sich jedoch zusehends, sodass er 2014 angefangen habe, "Bettelbriefe" zu schreiben, schildert der ehemalige Lehrer. 2018 erfolgte dann ein Treffen mit den beteiligten Gemeinden und dem Landesamt für Denkmalschutz, in dessen Folge die Gemeinde Oberstreu eine Sanierung absegnete.
Turmsanierung kostet rund 50 000 Euro
Die Konditionen fielen für die Gemeinde recht günstig aus, stellt Bürgermeister Stefan Kießner fest. Die geschätzten Kosten liegen bei 50 000 Euro und fallen für die Turmsanierung an. Das Denkmalamt trägt mit 60 Prozent die Hauptlast, der Bezirk übernimmt zehn Prozent und der Landkreis steuert fünf Prozent bei, sodass Oberstreu mit einem Viertel beteiligt ist. Die Arbeiten haben im Frühjahr begonnen und sollen voraussichtlich noch sechs Wochen dauern.
Natürlich sei er froh, dass der Turm wieder ein Dach erhält und dessen Mauerwerk gesichert wird, doch sei der Umfang des Eingriffs unzureichend. Auch in den restlichen Ruinenteilen müsste der Bewuchs entfernt und lose Steine vermauert werden. Allerdings habe er den Eindruck, dass seitens der Gemeinde Oberstreu das Interesse an der Ruine und daran, noch weiteres Geld in eine Sanierung zu stecken, eher niedrig sei. Somit liebäugelt Schätzlein mit der Möglichkeit einer Übergabe des Areals an die Gemeinde Willmars. Doch die müsste dann auch zur Übernahme des Unterhalts bereit sein. "Es wäre aber schön, wenn der Mauerschädel wieder dahin kommt, wo er hingehört."