
Am 12. Mai bietet Bad Neustadt den ersten verkaufsoffenen Sonntag dieses Jahres an. Weil genau an diesem Tag auch Muttertag ist, löst der Termin bei einem Personenkreis zunächst einmal etwas Unmut aus: dem Verkaufspersonal, das überwiegend weiblich ist und daher gerne mit der eigenen Mutter oder den Kindern feiern würde.
So richtete Yvonne Mühlfeld beispielsweise an das Team Stadtmarketings folgendes Schreiben: "Wie mir meine Arbeitskollegin mitteilte, findet am 12. Mai ein offener Sonntag statt. Ihnen ist sicher bewusst, dass an diesem Tag Muttertag ist. Ich selber arbeite bei Ernstings family und bin echt entsetzt, an diesem Tag arbeiten zu müssen. Es ist ja nicht so, dass man das ganze Jahr mit Job und Muttersein nicht genug beschäftigt ist, aber muss es wirklich sein, an diesem Tag auch noch hinter dem Tresen zu stehen? Ich finde es schon eine Frechheit allen Frauen gegenüber, an diesem Tag zu öffnen. Ich habe nichts gegen Sonntagsarbeit, das war mir bewusst, als ich im Einzelhandel angefangen habe, aber ich finde es unverschämt, den 'Sonntag für die Mütter' einem so zu vermiesen. Vielleicht regt das mal zum Nachdenken an, Freunde machen Sie sich so in Bad Neustadt sicher nicht!"
Empörte Reaktionen
Yvonne Mühlfeld hat damit ausgesprochen, was viele Gemüter in den Geschäften bewegt. In einem Fall überlegt die Chefin derzeit noch, ob sie ins Schaufenster einen Zettel hängen soll: "Mit Rücksicht auf unser Personal bleibt unser Laden heute geschlossen." Ganz sicher nicht öffnen wird am 12. Mai die Backstube Rösner in der Spörleinstraße, denn Filialleiterin Gerda Ludolf hat vom Chef die Genehmigung bekommen, dass bei ihr geschlossen bleibt, damit die betagte Mutter zu ihrem Recht kommen kann. Eine andere "Einzelkämpferin" wandte sich zunächst empört an diese Redaktion, nahm auf Anraten Kontakt zum Stadtmarketing auf, hörte sich die Argumente an und wird nun doch mitmachen beim verkaufsoffenen Sonntag.
Denn Vorsitzender Manfred Griebel und seine Kollegen Jan Angermüller und Thomas Fickel standen vor einer Fülle von Zwängen, durch die der verkaufsoffene Sonntag nun auf den Muttertag fällt. Aber Griebel steht dazu und ist bereit, jedem die Hintergründe zu erläutern. Nach einem Konsens mit den Kirchen einigten sich Stadtmarketing, Tourismus und Stadtmarketing GmbH und Stadtverwaltung auf drei statt bisher vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr 2019. Um rechtlich unangreifbar zu sein, müssen diese Tage mit einem überregionalen Ereignis und nicht nur mit einigen Marktplatzständen verbunden sein.
Fahrzeugschau Elektromibilität
So bot sich nach dem Wegfall des Frühlingssonntags im März die Kombination mit der Fahrzeugschau Elektromobilität an, die ihre Veranstalter bereits auf das Muttertags-Wochenende terminiert hatten. Die Alternative wäre gewesen, dass man auch auf diesen verkaufsoffenen Sonntag hätte verzichten müssen. "Dann hätten wir den Geschäftsleuten zwei Sonntage weggenommen", so Griebel, für den eine Kürzung von vier auf zwei nicht denkbar ist.
Er räumt ein, dass man den Müttern vielleicht nicht ganz gerecht wird, gibt aber auch zu bedenken, dass ja nicht den ganzen Tag gearbeitet werden müsse. Auf ein Rundschreiben des Stadtmarketings an die Mitglieder, in dem sie über den 12. Mai informiert wurden, habe es keine Reaktion gegeben. Sicher im Vorteil seien größere Geschäfte mit mehr Personal. Das ermögliche Rücksichtnahme auf besonders emotionale Bedürfnisse, den Muttertag zu begehen. Das bestätigte auf Anfrage dieser Redaktion auch Pecht-Geschäftsführer Björn Tischer.
Anforderungen in der Gastronomie
Aus Sicht der Gastronomie stellt sich die Frage der Sonntagsarbeit ohnehin ganz anders, stimmt Rosi Elbert mit Manfred Griebel grundsätzlich überein. In diesem speziellen Fall des 12. Mai komme erschwerend nicht nur der Muttertag hinzu, sondern auch die Kommunionen und Konfirmationen, die die Personaleinteilung vor große Herausforderungen stellen.
Weil Karin Heuring und Karin Reder, Angestellte im Angel's Shop, selber Mutter und Oma sind, würden sie den 12. Mai auch lieber mit der Familie statt mit ihrer Arbeit verbringen. Grundsätzlich empfinden sie die Einrichtung des verkaufsoffenen Sonntags "ein bisschen verstaubt" und könnten sich vorstellen, dass einer im Frühjahr und einer im Herbst ausreichend sei. Eine Empfehlung hätten sie zur Umsatzsteigerung: längere Öffnungszeiten bei den Donnerstagskonzerten.
Zu den Ankündigungen, am 12. Mai möglicherweise nicht zu öffnen, meint Manfred Griebel übrigens: "Wir werden niemanden zwingen mitzumachen." Die Planungen für den Herbst sehen verkaufsoffene Sonntage in Verbindung mit dem Foodtruck-Festival und dann mit dem Mittelaltermarkt vor.