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WILLMARS: Umstrittener Schweinemaststall darf gebaut werden

WILLMARS

Umstrittener Schweinemaststall darf gebaut werden

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    Erleichtert und erfreut ist Landwirt Thorsten Hofmann. Der Bau eines Schweinemaststalls für 1000 Tiere neben seinem Aussiedlerhof in Willmars sei für die Familie eine Existenzfrage, hatte er immer wieder betont.

    Ganz im Gegensatz dazu wertet die Israelitische Kultusgemeinde in Bayern den Bau, der in Sichtweite des denkmalgeschützten jüdischen Friedhofs bei Neustädtles entstehen soll, als Affront. Für jeden Juden sei der jüdische Friedhof ein heiliger Ort. Doch der Maststall, ein sehr umstrittenes Projekt, darf nun gebaut werden.

    Das Verwaltungsgericht Würzburg hat die Klage der Israelitischen Kultusgemeinde in Bayern gegen das Bauvorhaben des Landwirts abgewiesen. Wie eine Gerichtssprecherin am Mittwoch auf Anfrage sagte, lehnte die vierte Kammer nach jahrelangem Rechtsstreit den Antrag einer Allianz von fünf Klägern ab, den positiven Vorbescheid des Landratsamts Rhön-Grabfeld im Hinblick auf den geplanten landwirtschaftlichen Betrieb in Willmars aufzuheben.

    Dies hatten die Kultusgemeinde und vier weitere Kläger gefordert. Deren Argumente richteten sich dabei im Wesentlichen auf die Geruchsbelästigung sowie die Unvereinbarkeit eines jüdischen Friedhofs mit einem Stall für 1000 Schweine in unmittelbarer Nachbarschaft. Zudem werde befürchtet, dass von der Tierhaltung eine Gefährdung des Trinkwassers ausgehe.

    „Der jüdische Friedhof hat einen Schutzanspruch wie ein Wohngebiet. Die Grenzen werden nicht verletzt.“

    Manfred Mohr, Anwalt der Landwirtsfamilie

    Bei den fünf Klagen hatte es sich um baurechtliche Nachbarklagen gehandelt. Diese hätten nur dann Aussicht auf Erfolg gehabt, so Manfred Mohr als Anwalt der Landwirtsfamilie, wenn baurechtlich geschützte Nachbarrechte durch das Vorhaben verletzt werden. Nun sei das Gericht aufgrund vorliegender Gutachten zum Ergebnis gekommen, dass dies nicht der Fall ist. „Von dem Vorhaben gehen weder schädliche Umwelteinwirkungen aus, noch werde das Gebot der Rücksichtnahme verletzt.“ Der jüdische Friedhof, so Rechtsanwalt Mohr, habe einen Schutzanspruch wie ein allgemeines Wohngebiet. „Auch hier sind die Grenzen nicht verletzt.“

    Mag die Entscheidung der vierten Kammer dem formaljuristischen Grundsatz Rechnung tragen, so lässt sie aber ethisch-moralisch Fragen offen. „Dieses Urteil ist katastrophal“, findet Michael Trüger vom Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. Es sei für jeden frommen Juden, gelinde gesagt, „ein Schlag ins Gesicht“, so Trüger in einer ersten Stellungnahme. Denn es sei unzweifelhaft nicht mit der jüdischen Ethik vereinbar, dass in der Umgebung des Friedhofs ein Schweinemastbetrieb errichtet werde. Und für das Ansehen Deutschlands im Ausland sei dieses Urteil „nicht sehr vorteilhaft“.

    Auch für den Vertreter der Klägerseite, Rechtsanwalt Wolfgang Baumann, ging die Tragweite der Entscheidung des Würzburger Verwaltungsgerichts über diesen Einzelfall hinaus: „Das ist die Nagelprobe, ob jüdische Kultur in diesem Land eine Berechtigung hat oder nicht“, sagte Baumann. Zumal auch der Aspekt, andere Standorte für den Maststallbau zu prüfen, von dem Bauherrn gar nicht in Erwägung gezogen worden sei, „weil sie wohl nicht unmittelbar an den elterlichen Hof angrenzten“.

    Enttäuscht von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zeigte sich Bürgermeister Reimund Voß in einer ersten Reaktion. „Ich hatte mir eine andere Entscheidung erhofft und gewünscht, um das Dorf vor Geruchsbelästigungen zu schützen und die Würde der auf dem jüdischen Friedhof bestatteten Menschen zu wahren.“ Und wie geht das Ortsoberhaupt nun mit dem Richterspruch um? Reimund Voß wartet zunächst die schriftliche Urteilsbegründung ab, um dann mit dem Gemeinderat zu prüfen, ob die Entscheidung der vierten Kammer zu akzeptieren ist oder ob doch Rechtsmittel eingelegt werden.

    Wolfgang Baumann, der Anwalt der Kläger, hatte bereits am Ende der mündlichen Verhandlung am Dienstag in Aussicht gestellt, in die nächste Instanz zu gehen. Und von Seiten der Israelitischen Kultusgemeinde war zu hören: Man werde erst das schriftliche Urteil abwarten und den Sachverhalt möglicherweise von der nächsten Instanz überprüfen lassen. So erscheint fraglich, dass die brisante Streitsache nun endgültig aus der Welt ist.

    •siehe auch Franken Seite 9

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