Es war mehr als eine plumpe Anmache, was in der Nacht zum 1. November vergangenen Jahres im Luitpoldpark in Bad Kissingen geschah. Es war eine Straftat. Und zwar eine Beleidigung, die mit 1200 Euro Strafe geahndet wurde.
Bei seiner Urteilsfindung stützte sich der Richter am Amtsgericht Bad Kissingen weitgehend auf die Aussagen der betroffenen Frau. Demzufolge waren beide – er 47, sie 49 Jahre alt – auf einer Halloweenparty gewesen. Als sie gehen wollte, fragte sie ihn, ob er auch gehen wolle. Er hatte zehn Bier intus, sie vier. Die beiden kannten sich flüchtig. Gemeinsam verließen sie die Party.
Im Luitpoldpark ließ er sich zurückfallen und ging hinter ihr her. Um 4.30 Uhr passierte es dann. Er griff sie von hinten an beiden Schultern, umklammerte sie, sagte mit obszönen Worten, dass er Geschlechtsverkehr haben wolle. Sie wehrte sich und bat ihn, damit aufzuhören. Er ließ von ihr ab. Sie ging weiter. Er ließ sich wieder zurückfallen. Sie lief weiter vorneweg, als er erneut auf sie losging. Er gab verbal sexuelle Derbheiten von sich, griff ihr in den Schritt. Abermals befreite sie sich, wieder ging sie vorneweg, er hinterher. Als sie sich umdrehte, sah sie ihn einige Meter entfernt mit geöffneter Hose und entblößtem Geschlechtsteil.
Es erfüllt sie mit Ekel. Nachdem er die Hose wieder geschlossen hatte, gingen sie weiter. Am Ausgang des Parkes trafen sie einen Bekannten. Aus Scham erwähnte sie das Vorgefallene nicht.
In den nächsten zwei Tagen offenbarte sie sich Bekannten, am dritten Tag ihrem Lebensgefährten. Dieser stellte den Grapscher zur Rede, der alles bestritt. Nach einer Woche stellte die Frau Strafantrag.
Vor Gericht räumte der wegen Exhibitionismus und Beleidigung Angeklagte ein, dass es lediglich zu einem Gerangel gekommen sei. Sein Geschlechtsteil habe er lediglich entblößt, um zu urinieren.
Während der Verurteilte die gesamte Anklage als „Farce“ bezeichnete, war die Betroffene sichtlich mitgenommen. Sie sagte: „Ich hätte nie gedacht, dass er so was macht.“ Aus Sicht des Staatsanwalts war dem Angeklagten keine absichtliche exhibitionistische Handlung nachzuweisen. Diesen Anklagepunkt ließ er deshalb fallen. Den Tatbestand der Beleidigung durch Wort und Tat sah er jedoch als erfüllt an.
Der Verteidiger versuchte, die Glaubwürdigkeit der 49-Jährigen in Zweifel zu ziehen. Zur Beurteilung des Vorfalls allgemein und des Handelns seines Mandanten im Besonderen stellte er generelle Überlegungen zum Flirtverhalten an. „Soziologisch“, so der Verteidiger, sei es halt so, dass beim Kennenlernen die Initiative vom Mann ausgehe. „Und das ist auch gut so“, so der Verteidiger weiter, „ – sonst würden wir uns schon längst nicht mehr fortpflanzen.“ Er plädierte auf Freispruch.
Der Richter folgte dem Staatsanwalt, ließ den Vorwurf Exhibitionismus fallen und verurteilte den 47-Jährigen wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 1200 Euro. Dazu kommen noch die Verfahrenskosten. Für den Angeklagten sprach aus Sicht des Richters, dass er noch nicht vorbestraft war; gegen ihn, dass er zunächst alles bestritten hatte und damit der Betroffenen die psychisch sehr belastende Aussage als Hauptzeugin nicht erspart hatte.