Der Mauerfall im November 1989 bedeutete nicht nur für die Menschen in Ostdeutschland einen Wendepunkt. Auch viele historische Bauwerke, die unter dem an notirischem Geldmangel leidenden SED-Regime vernachlässigt wurden, erlebten im vereinten Deutschland ihren zweiten Frühling.
Auf die Heldburg in Südthüringen trifft das in besonderer Weise zu: Nach einem Brand, der den Französischen Bau des Ensembles im Jahr 1982 bis auf die Grundmauern zerstört hatte, fehlten die Mittel, das Gebäude wieder aufzubauen.
Kreisheimatpfleger Reinhold Albert wohnt ganz in der Nähe der „Fränkischen Leuchte“, wie die Heldburg im Volksmund auch genannt wird. Nur wenige Kilometer Luftlinie sind es von seinem Wohnhaus in Sternberg bis zur Veste, die ihn schon in jungen Jahren fasziniert hat. „Immer wenn wir auf dem Büchelberg hinter Sternberg stiegen, lag direkt vor uns die Heldburg und einer meiner sehnlichsten Wünsche war es stets, einmal im Leben diese Burg zu besichtigen“, erzählt Albert.
Kurz nach dem Zusammenbruch der DDR war es soweit. Im Februar 1990 erfüllte sich Reinhold Albert seinen Traum und stieg den über 400 Meter hohen Berg zur Heldburg hinauf. „Als ich im Schlosshof stand, kamen mit die Tränen“, erinnert sich der Kreisheimatpfleger. „Es waren aber nicht nur Tränen der Freude, sondern angesichts der Folgen des Brandes auch des Erschreckens.“
Reinhold Albert machte zahlreiche Fotos und veröffentlichte 1991 im Heimatjahrbuch einen Beitrag über die Heldburg. Für ihn steht 25 Jahre nach seinem ersten Besuch auf der „Fränkischen Leuchte“ fest: Hätte es die friedliche Revolution in der DDR nicht gegeben, wäre nicht mehr viel von der Heldburg übrig.
Dieser Meinung ist auch Inge Grohmann. Für die Heldburgerin war der Mauerfall „der erste große Glücksmoment“ für die Burg. Sie wundert sich heute noch, wie schnell damals Maßnahmen zur Rettung und Sanierung in Angriff genommen und umgesetzt wurden, was auch an den schon zu DDR-Zeiten bestehenden Städtekontakten zwischen Heldburg und Seßlach lag. Seßlach war auch der Ort, an dem im Februar 1990 der „Förderverein Veste Heldburg“ gegründet wurde mit dem Ziel, die Burg wieder aufzubauen. „Als Anschubfinanzierung spendierte die Stadt Seßlach 5000 Mark“, erinnert sich Inge Grohmann, die damals Geschäftsführerin des Fördervereins war. Bereits am 1. Juli 1990 wurde mit dem Wiederaufbau des zerstörten Französischen Baus begonnen. Als die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten 1994 die Rechtsträgerschaft von der Stadt Heldburg übernahm, waren fast alle größeren Schäden an der „Fränkischen Leuchte“ beseitigt. „Die Übergabe an die Stiftung war der zweite große Glücksmoment für die Heldburg“, sagt Inge Grohmann, die 2002 die Geschäftsführung des Fördervereins Veste Heldburg abgab.
Nur drei Jahre später gab es dann noch einen dritten Glücksmoment für die „Fränkische Leuchte“: Die Heldburg wurde für die Einrichtung des Deutschen Burgenmuseums auserkoren, nachdem sich andere Pläne zerschlagen hatten. Ideengeber des staatlich geförderten 8-Millionen-Euro-Projekts war Ulrich Großmann, Generaldirektor des Germanischen Nationalmuseums.
Die ursprüngliche Planung, das Museum bis 2013 eröffnen zu können, hat sich nach etlichen Bauverzögerungen zwar nicht verwirklichen lassen, doch nun ist ein konkreter Eröffnungstermin in Sicht. Nach Sanierung des Heidenbaus mit der Teileröffnung des Museums vor zwei Jahren gilt jetzt die Kompletteröffnung des Deutschen Burgenmuseums in der zweiten Jahreshälfte 2016 als realistisch, nachdem baulich ohnehin schon alles fertig ist und es jetzt nur noch um die Einrichtung geht. „Im vierten Quartal 2015 wollen wir damit beginnen“, bestätigt Elke Elbers, die Koordinatorin für die Dauerausstellung. Bis dahin müssten noch Vitrinen in Auftrag gegeben und Leihgaben zusammengetragen werden, die sowohl von staatlichen Museen als auch Privatleuten stammen werden. Die Gesamtkosten für Ausstellungsarchitektur und Museumseinrichtung beziffert Elke Elbers auf 1,8 Millionen Euro.
Deutsches Burgenmuseum
Einzigartig in Europa ist das künftige Deutsche Burgenmuseum in der Heldburg. Laut der Homepage der Einrichtung gibt es in den deutschsprachigen Ländern Mitteleuropas mehr als 25 000 Burgen. Ob Ruine oder noch unter Dach – jährlich locken sie Millionen von Besuchern an. Aber kaum jemand weiß, was eine Burg tatsächlich ausmacht. Das Deutsche Burgenmuseum will die Bedeutung und Funktion von Burgen veranschaulichen, ihre bauliche Entwicklung und das Leben auf Burgen sowohl in Friedens- als auch in Kriegszeiten. Auf Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse zeichnet das Deutsche Burgenmuseum ein Bild von der Burg und ihrer Geschichte und erklärt, wie es zu diesem Wissen gekommen ist und was noch an Wissen fehlt. Das „Erlebnis Burg“ soll nach der vollständigen Eröffnung in einer informativen Dauerausstellung zur Geschichte des deutschen und internationalen Burgenbaus, zum Leben auf der Burg vom Mittelalter bis zur Neuzeit und zu den Vorstellungen und Mythen rund um die Burg vermitteln. Aufgebaut sein wird die Ausstellung in einem Rundgang, der den Besucher durch die gesamte Burg führt. Im Zuge des Rundgangs erfährt der Besucher, wie sich der Burgenbau von Epoche zu Epoche verändert hat und lernt die Veste Heldburg als eine durch die Renaissance geprägte Burg kennen. Dabei begegnet er bekannten Klischeebildern zu Burgen und ihren Bewohnern, erfährt aber auch, dass diese meist irrtümlichen Idealvorstellungen entstammen. Originale Exponate, multimediale Einheiten und veranschaulichende Darstellungen sollen Einblick in historische Zusammenhänge, die Funktion und bauliche Entwicklung von Burgen und das Leben auf Burgen geben. Als Neugründung greift das Deutsche Burgenmuseum nicht auf einen geschlossenen Sammlungsbestand zurück. Das Deutsche Historische Museum (Berlin) und das Germanische Nationalmuseum (Nürnberg) sowie zahlreiche weitere Museen und Schlösserverwaltungen unterstützen die Dauerausstellung mit langfristigen Leihgaben.