Der Jubel war riesengroß. Die Wahlgewinner standen nebeneinander, das Handy für die ersten Gratulationen am Ohr, und grinsten über das ganze Gesicht. Schmalkalden-Meiningen, der Rhön-Grabfelder Nachbarkreis in Thüringen, wird künftig vom SPD-Mann Peter Heimrich regiert. Damit nicht genug: Nachdem Schmalkalden schon seit 2006 in sozialdemokratischer Hand ist, gewann die Partei mit dem erst 28-jährigen Fabian Giesder nun auch die Kreisstadt Meiningen.
Der neue Landrat Heimrich setzte sich in der Stichwahl am Sonntag mit 60 Prozent eindeutig gegen seinen CDU-Konkurrenten Michael Heym durch. Die Niederlage ist für die Christdemokraten besonders bitter, da sie den Landkreis seit der Wiedergründung Thüringens 1990 geführt haben. Der 42-jährige Heimrich wird Nachfolger von Ralf Luther, der nicht wieder angetreten war.
Es lag wohl vor allem an der Person des Kandidaten, dass die SPD nach langer Durststrecke nun zum Zug kommt. Eine in Südthüringen erscheinende Zeitung nannte Heimrich den besten Kandidaten, den die Sozialdemokraten je gehabt hätten. Er habe Charme und sei ebenso schlagfertig wie kumpelhaft. Gerade in Umgänglichkeit und Pragmatismus sei er seinem Vorgänger Luther ähnlich, weshalb es eher Kontinuität als den großen Bruch in der Führung des Landkreises geben dürfte.
Aber auch ganz eigene Akzente will Heimrich setzen und zwei bis drei Gemeinschaftsschulen errichten. In diesen Schulen bleiben die Kinder von der ersten bis mindestens zur achten Klasse zusammen und müssen sich nicht mehr nach der vierten Klasse für Gymnasium oder Mittlere Reife entscheiden. Auch im Grabfeld ist eine Gemeinschaftsschule denkbar.
Grundsätzlich blickt der SPD-Wahlsieger über seinen Landkreis hinaus. „Wir müssen das Kirchturmdenken überwinden, auch länderübergreifend.“ Das bezieht er beispielsweise auf das Tourismuszentrum Rhön, das sich über die Bundesländer Bayern, Thüringen und Hessen erstreckt. Dass benachbarte Landräte anderen Parteien angehören, ist für Heimrich kein Problem: „Ich werde mit allen zusammenarbeiten, die die Region voranbringen, egal, welches Parteibuch sie haben.“
In der Kreisstadt Meiningen kann er sich indes auf die Zusammenarbeit mit einem Genossen freuen. Wahlsieger Giesder wird nun als Amtschef im Meininger Schloss einziehen. Es ist durchaus eine kleine Sensation, dass sich der junge Vater einer zweijährigen Tochter gegen Amtsinhaber Reinhard Kupietz von der Wählergemeinschaft Pro Meiningen durchsetzte. Kupietz regierte immerhin seit 1992.
Lag es an den Querelen um das Industriegebiet am Rohrer Berg? War es die Bebauung an der Westseite des Meininger Marktes, die seit langem geplant war, aber bisher nicht zustande kam? Giesder versprach einen Neuanfang – und die Meininger folgten ihm mit gut 53 Prozent. „Es gab den Willen in der Bevölkerung, dass sich in der Politik und im Stil etwas ändert“, sagte der Wahlsieger. Wie es sich für seine vom Internet geprägte Generation gehört, sind Vernetzung und Kooperation auch für Giesder wichtig. Das betrifft nicht nur die Meininger Nachbargemeinden, die sich von der Kreisstadt zuweilen vor den Kopf gestoßen fühlten. Das gilt ebenso in Richtung Bayern: „Ich hoffe auf offene Türen und Ohren auch auf fränkischer Seite“, so Giesder.
Die Stichwahlen am Sonntag sorgten in etlichen Thüringer Landkreisen für einen Wechsel. Eindeutiger Gewinner ist die Linkspartei, die zweitstärkste Kraft im Landtag ist. Nun stellt die Partei erstmals Landräte. Gleich drei sind es geworden. So wird der Ilmkreis künftig von Petra Enders regiert, die den Widerstand gegen die geplante Starkstromtrasse durch den Thüringer Wald anführt. Auch in Nordhausen und im Altenburger Land an der Grenze zu Sachsen übernehmen Links-Frauen die Macht. Zudem wird die linke Umweltpolitikerin Katja Wolf neue Oberbürgermeisterin in Eisenach.
Die CDU bleibt landesweit stärkste Kraft in den Kommunen. Aber sie hat in den Stichwahlen gleich vier Landkreise eingebüßt. Ministerpräsidentin und CDU-Landeschefin Christine Lieberknecht tröstete sich damit, dass ihre Partei zuvor bereits zwei Landkreise erobert hatte und künftig auch in der drittgrößten Thüringer Stadt Gera regiert. Ebenso durchwachsen ist die Bilanz der SPD: Sie verlor zwei Landkreise, gewann aber im Gegenzug zwei andere. Allerdings büßte sie zwei kreisfreie Städte ein.