Lediglich in den Zeiten des Zweiten Weltkrieges wurden die Wallfahrten aus dem Grabfeld zum oberfränkischen Wallfahrtsort Vierzehnheiligen abgesagt. In diesem Jahr ist es die Corona-Pandemie, die die Pilger aus Rhön-Grabfeld sowie dem Landkreis Bad Kissingen und auch Thüringen zu Hause bleiben lässt. Für die Wallfahrtsführer der verschiedenen Ortschaften eine schwere Entscheidung.
Erstes Wallfahrtsjahr für den neuen Guardian
So auch für Engelbert Brüger, der seit vielen Jahren die Männerwallfahrt von Bad Königshofen nach Vierzehnheiligen als Wallfahrtsführer betreut. So auch für Dietmar Brüggemann, Guardian und Rektor der Basilika in Vierzehnheiligen: "Ich hätte gerne die Wallfahrer von überall her bei uns herzlich begrüßt, muss aber allen aus Gründen der aktuellen Pandemie absagen." Für Brüggemann wäre es das erste Wallfahrtsjahr gewesen, das er als Guardian begleitet hätte. Er will allerdings ein Wallfahrtsgebet herausgeben, das die Pilger an ihrem Wallfahrtstag zu Hause beten können.
Eine gute Idee, findet der Bad Königshofener Wallfahrtsführer Engelbert Brüger: "So sind wir mit einer Art Gebetskette miteinander verbunden". Auch Pfarrer Josef Treutlein, Rektor am Käppele in Würzburg, der lange Jahre Geistlicher Begleiter der Bad Königshofener Wallfahrt war, sieht dies so. "Diese Wallfahrt kann man nicht aus dem Herzen reißen, sie findet statt, wenn auch nur in der Verbindung durch das Gebet." Die Bad Königshofener Männerwallfahrt hätte in diesem Jahr zum 75. Mal stattgefunden. Für den gebürtigen Bad Königshofener Treutlein ist der Freitag nach Christi Himmelfahrt deshalb ein Tag, an dem er, wenn auch nur in Gedanken, "seine Wallfahrt nach Vierzehnheiligen unternimmt." Er weiß sich an diesem Tag mit Hunderten von Männern im Gebet verbunden.
Gesundheit der Pilger steht im Vordergrund
Brüger verweist bei der Absage auf die Anweisung der Staatsregierung, die bis 31. August Großveranstaltungen nicht erlaubt. Außerdem sei die vorgeschriebene Distanz von bis zu zwei Metern zu anderen Personen beim Laufen, Rasten und bei Gottesdiensten nicht möglich. "Da kämen allein bei unserer Wallfahrt mit bis zu 400 Pilgern mehrere Kilometer zusammen, wenn wir Distanz halten müssten." Zudem sei die Verpflegung an den Raststationen nicht gewährleistet, weil Gaststätten wahrscheinlich noch nicht geöffnet haben. Die Übernachtung in Privatquartieren auf dem Rückweg in Seßlach sei den Gastgeberfamilien ebenfalls nicht zuzumuten. "Das ist sehr schade und schmerzlich, aber wir müssen in diesen Wochen und Monaten auf unsere eigene und die Gesundheit unserer Mitmenschen Rücksicht nehmen. Das ist bestimmt auch im Sinne der vierzehn Nothelfer. Bleiben wir an den Wallfahrtstagen miteinander im Gebet verbunden", schreibt der Wallfahrtsführer an die Teilnehmer der Männerwallfahrt Bad Königshofen-Vierzehnheiligen.

Wie Bad Königshofen haben unter anderem nun auch Merkershausen, Sulzfeld, Hollstadt, Bischofsheim, Mellrichstadt und Eyershausen abgesagt. Laut Guardian Brüggemann läuten zurzeit in de Basilika täglich um 14 Uhr die Nothelfer-Glocken. So sei man in Gedanken mit vielen Gläubigen verbunden, die zu Hause ein "Vater unser" beten.
Überstunden-Abbau und ein frommer Wunsch
Pro Jahr besuchen üblicherweise an die 500.000 Pilger den oberfränkischen Wallfahrtsort. Pater Dietmar Brüggemann zählt 180 Gruppen. Ihn selbst bewegt das Jahr ohne Wallfahrer auch emotional. Zu tun hat er aber trotzdem, denn auch die Absagen und vieles andere muss im Kloster organisiert werden: "Vierzehnheiligen lebt von der Wallfahrt auch materiell gesehen". Verkaufsstände, Gastronomie und die Übernachtungseinrichtungen sind zurzeit geschlossen. Öffentliche Gottesdienste finden nicht statt, voraussichtlich bis Ende Mai. "Wir Franziskaner feiern die Heilige Messe zwar ohne Besucher, sind allen Gläubigen aber in ganz besonderer Weise beim Gebet verbunden."
Laut Vierzehnheiligen-Geschäftsführer Raimund Hümmer bauen einige der rund 50 Angestellten, viele davon in Teilzeit, im Moment Überstunden ab. Das Küchenpersonal habe in der vergangenen Woche die Lagerbestände sortiert, bereits eingekaufte Getränke an die Lieferanten zurückgegeben. Pater Dietmar Brüggemann hofft, dass er das Wallfahrtsjahr 2020 noch nicht ganz abschreiben muss: "Wir halten uns bereit." Das allerdings werde wohl ein "frommer Wunsch bleiben."