Der kleine Wanderzirkus hat schon bessere Tage gesehen. Die Wägen, die auf dem Festplatz am Brügel stehen, sind in die Jahre gekommen. Die mitgeführten größeren Tiere kann man an den Fingern einer Hand abzählen. Eigentlich hätte der Zirkus von Ludwig Bügler, dem das Equipment gehört, nach zwei Vorstellungen am vorvergangenen Wochenende den Platz längst verlassen sollen. Das 200 Besucher fassende Zelt war schon im Transportwagen verstaut. Die 11-köpfige Zirkusfamilie wollte sich gerade auf den Weg zum nächsten Vorstellungsort Wülfershausen machen, als die einzige schwere Zugmaschine ihren Geist aufgab.
„Für die teure Reparatur fehlt uns einfach das Geld“, nennt Esther Krämer am Mittwoch den Grund für die zehntägige Zwangspause in Bad Königshofen. „Und wir wissen auch nicht, wie wir es aufbringen sollen“, sagt die Zirkus-Managerin und Schwägerin von Zirkusdirektor Ludwig Bügler.
Von der Hand in den Mund
Die 48-Jährige macht kein Geheimnis daraus, dass ihr kleines Unternehmen von der Hand in den Mund lebt. Anders formuliert: Die Einnahmen aus den Vorstellungen decken oft manchmal nicht einmal die Ausgaben für Platzmiete, Strom, Tierfutter und die Grundversorgung der Zirkusfamilie. „Zu unseren zwei Vorstellungen in Bad Königshofen kamen gerade mal 40 Besucher“, erzählt Esther Krämer. „Das waren dann Einnahmen von nicht einmal 300 Euro, nachdem wir auch etliche Freikarten verteilt hatten.“
Schwer vorstellbar, dass sich elf Personen mit so geringen Einkünften länger als ein paar Tage über Wasser halten können, selbst wenn hilfsbereite Menschen manchmal mit einer Geld- oder Futterspende für die Tiere helfen.
„Wir kommen mit sehr wenig aus“, deutet Esther Krämer an, dass in einem kleinen Wanderzirkus an allen Ecken und Enden gespart werden muss. „Unser Leben ist sicher nicht einfach, aber es geht“, sagt die Managerin, die vor 30 Jahren zum Zirkus Bügler stieß, bei dem auch ihre drei erwachsenen Kinder mitreisen und in der Manege auftreten.
Dass der Maschinenschaden an der Zugmaschine nicht das Ende der Saison bedeutet, liegt an der Hilfsbereitschaft eines Bruders von Zirkusdirektor Ludwig Bügler, der ebenfalls einen kleinen Zirkus leitet und am vergangenen Wochenende im nahen Aubstadt gastierte. Der wird die Wägen der Verwandtschaft am Donnerstag nach Wülfershausen ziehen, wo an diesem Wochenende zwei Vorstellungen stattfinden sollen.
Esther Krämer ist skeptisch, dass dort mehr Besucher kommen als zuletzt in Bad Königshofen. Für die Reparatur des Zugwagens dürfte das Geld jedenfalls nicht reichen. „Wir werden deshalb wohl einen unserer Zirkuswägen verkaufen müssen“, so die Managerin. Sich von den Tieren zu trennen komme dagegen nicht in Frage. „Wir hängen alle sehr an unseren Pferden und dem Lama“, sagt sie. „Außerdem gehören Tierdressuren zu einem Zirkus unbedingt dazu.“
Zirkusleute mit Leib und Seele
Dass es finanziell gesehen irgendwann gar nicht mehr gehen könnte, daran will Esther Krämer nicht denken. „Wir sind Zirkusleute mit Leib und Seele und wollen es auch noch lange bleiben“, sagt sie. Immerhin existiere der Zirkus schon in der vierten Generation.
Wohin die Reise nach dem Gastspiel in Wülfershausen geht? „Kann ich noch nicht sagen“, antwortet die Managerin des Zirkus Bügler, der sein Winterquartier in Geldersheim bei Schweinfurt aufgeschlagen hatte und über die Stationen Rothausen bei Stadtlauringen und Merkershausen nach Bad Königshofen kam. „Wir planen schon lange nicht mehr von Saison zu Saison, sondern nur noch von einem Gastspielort zum nächsten.“