Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Rhön-Grabfeld
Icon Pfeil nach unten
Bad Neustadt
Icon Pfeil nach unten

Roth: Wann man Wildvögeln helfen sollte – und wann nicht

Roth

Wann man Wildvögeln helfen sollte – und wann nicht

    • |
    • |
    Ästlinge (hier eine Amsel) können sich bereits hüpfend und flatternd fortbewegen. In der Regel benötigen sie keine menschliche Hilfe.
    Ästlinge (hier eine Amsel) können sich bereits hüpfend und flatternd fortbewegen. In der Regel benötigen sie keine menschliche Hilfe. Foto: Lucas Kneuer

    Besonders für Vogelliebhaber ist es sehr interessant zu beobachten, wie die verschiedenen Vogelarten ihren Nachwuchs großziehen. Aktuell sind teilweise auch Jungtiere zu sehen, die sich hüpfend außerhalb des Nests fortbewegen, während sie von den Eltern weiter gefüttert werden. Viele Menschen fragen sich, ob man hier helfen sollte oder ob es besser ist, nicht einzugreifen.

    „Nicht jeder Vogel ist automatisch hilfsbedürftig“, erklärt Theresa Kneuer von der Wildvogelstation Rhön-Saale in Roth. Man sollte hier pragmatisch vorgehen: Bei Vögeln, die keinen Fluchtreflex aufweisen, sollte man genauer hinschauen. Wenn es sich dabei um einen Altvogel, also ein ausgewachsenes Tier handelt, dann stimme mit diesem meistens etwas nicht. Bei Jungtieren sei es allerdings so, dass das Eingreifen des Menschen völlig falsch sein kann, da diese oft überhaupt nicht in Not sind. „Wir unterschieden hier zwischen sogenannten Ästlingen und Nestlingen“, so die Vogelexpertin.

    Auf dem Sprung in die weite Welt

    Ästlinge sind Jungvögel mit Gefieder, die sich bereits hüpfend und flatternd fortbewegen und in der Regel außerhalb des Nests von den Elterntieren versorgt werden. Sie benötigen nur Hilfe, wenn sie verletzt oder erkrankt, apathisch und schwach sind und von den Elterntieren über mehrere Stunden nicht versorgt werden. Sollte ein Ästling sich in der Nähe einer Gefahrenquelle aufhalten, könne man diesen erhöht ins nächst gelegene Gebüsch setzen und aus sicherer Entfernung beobachten, ob die Elterntiere kommen. „Man kann den Jungvogel ohne Probleme anfassen. Vögel haben keinen ausgeprägten Geruchssinn und nehmen ihre Jungen trotzdem wieder an“, so die Expertin der Wildvogelstation.

    So genannte Nestlinge bräuchten jedoch immer Hilfe. Leicht sind sie daran zu erkennen, dass sie wenig oder kaum Federn haben und sich am Boden befinden. Sie liegen auf den "Unterschenkeln" auf und bewegen sich ausschließlich kriechend oder robbend fort. Zusätzlich ist bei Nestlingen das Schwanzgefieder kaum ausgebildet und die Wülste rund um den Schnabel sind sichtbar ausgeprägt. Wie Kneuer erläutert, werden Nestlinge außerhalb des Nests von den Elterntieren nicht versorgt. In kürzester Zeit kühlen sie aus oder fallen Fressfeinden zum Opfer. „Diese Tiere brauchen dringend Hilfe. Dass die Vogeleltern die Jungtiere zurück ins Nest tragen, ist nämlich ein Ammenmärchen“, erläutert Kneuer.

    Nestlinge brauchen dringend Hilfe

    Bei Nestlingen könne man als Laie selbst kaum etwas machen: Hier sei es wichtig, sich sofort an eine Vogelstation zu wenden. Auf der Webseite wildvogelhilfe.org kann man seine Postleitzahl eingeben, um die nächstgelegene Vogelstation zu finden. Spezielle Inkubatoren sind nötig, um die Jungtiere aufzuziehen. Wichtig sei, dass man das Jungtier sofort wärmt, etwa mit einer Wärmflasche. „Diese darf nicht über 40 Grad warm sein und man darf den Jungvogel nicht direkt mit der Wärmequelle in Berührung bringen“, weiß die Vogelexpertin aus Erfahrung.

    Helfer sollten die Wärmflasche zunächst in ein Handtuch wickeln und aus einem Handtuch eine Art Nest formen. Das Küken sollte so im Nest liegen, dass es nicht auf den Rücken fallen kann. Vögel können auf dem Rücken liegend nämlich kaum atmen. Essentiell sei, das weitere Vorgehen mit einer Wildvogelstation zu besprechen. „Es ist für uns immer sehr wichtig, ein Foto zu haben, damit wir die Vogelart zuordnen können“, so Kneuer weiter.

    Nestlinge (auf dem Bild hinten ein Star und vorne ein Haussperling) sind gut an der spärlichen Befiederung und den ausgeprägten Schnabelwülsten zu erkennen.
    Nestlinge (auf dem Bild hinten ein Star und vorne ein Haussperling) sind gut an der spärlichen Befiederung und den ausgeprägten Schnabelwülsten zu erkennen. Foto: Lucas Kneuer

    So lobenswert es auch ist, den Jungvögeln helfen zu wollen: Dabei kann man viele Fehler machen, die für das Tier den Tod bedeuten können. „Keinesfalls sollte man versuchen, die Tiere zu füttern, solange die Art nicht bestimmt ist. Jede Vogelart benötigt spezifische Nahrung. Auch darf man Vogelküken niemals Wasser in den Schnabel geben", so Kneuer. Die Tiere könnten sich daran verschlucken und in der Folge eine Lungenentzündung bekommen oder gar sterben. "Hackfleisch ist als Nahrung völlig ungeeignet, ebenso wie Tatar, Ei, Katzen- oder Hundefutter“, sagt Kneuer. Die Wildvogelstation verfügt über spezielle Futterinsekten, die in Insektenfarmen gezüchtet werden.

    Fehlprägungen müssen vermieden werden

    Neben der richtigen Nahrung sollte man darauf achten, dass der Jungvogel nicht fehlgeprägt auf den Menschen wird. Denn so kann man großen Schaden anrichten, da die Prägung nicht wieder rückgängig gemacht werden kann. Das, was während dieser Lebenphase vom Vogel nicht gelernt wird, kann später nicht mehr nachgeholt werden. Wichtig sei außerdem, dass man direkten Kontakt zu Kindern und Haustieren vermeidet. Denn, wie alle Wildtiere, können Jungvögel potentiell Krankheitserreger übertragen. „Auch als Spielgefährten sind Wildtiere völlig ungeeignet. Schließlich besteht die Gefahr der Fehlprägung“, so die Expertin weiter.  „Bei Fragen stehen wir gerne zu Verfügung“, erklärt die engagierte Tierschützerin der Wildvogelstation Rhön-Saale. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden