Bäume sind den Menschen ähnlicher, als es auf den ersten Blick scheint. Diese These brachte Forstoberrat Mathias Pfüller den Teilnehmern bei der Waldbegehung der Jagdgenossenschaft Frickenhausen nahe. Jene hatten am Pfingstsamstag zu einer Begehung durch den Frickenhäuser Forst eingeladen.
An die 40 interessierte Teilnehmer, nicht nur aus Frickenhausen, begrüßte Jagdvorstand Klaus Reß zum Rundgang. Ebenfalls mit von der Partie war Ortssprecher Bernd May. Die Waldbegehung findet alle zwei Jahre im Wechsel mit einem Flurgang statt. Er sei zwar nicht mehr als Förster im Revier tätig, so Pfüller, trotzdem habe er die Einladung der Jagdgenossen zur Führung sehr gerne angenommen. Er betonte, dass er heuer als Privatmann in den Wald gekommen sei. Der Beruf des Försters war für ihn allerdings immer mehr eine Art Berufung gewesen. Während des gemeinsamen, dreistündigen Waldspazierganges wolle er den Besuchern die Gemeinsamkeiten zwischen Mensch und Baum aufzeigen.
Los ging es Richtung Buchleite. Immer wieder wurde Halt gemacht, um Beispiele zu erläutern. An der ersten Station ging Pfüller auf die Entstehung der Wälder ein. Vier Eiszeiten machten es den Bäumen nicht leicht, sesshaft zu bleiben. Sogenannte Pionierbäume, wie zum Beispiel Birken, Weiden und Pappeln waren am Ende der Eiszeit die ersten, die sich in den Gebieten wieder ansiedelten. Deutschland war zu 90 Prozent bewaldet. Mit Zunahme der Bevölkerung wurden die Waldflächen jedoch weniger. Das Mittelalter wird auch „Hölzernes Zeitalter“ genannt. In dieser Zeit ist Holz der wichtigste Rohstoff. Wälder wurden zum Zwecke der Viehhaltung gerodet. Laub wurde gesammelt und als Einstreu für das Vieh genutzt. Im Zuge des zunehmenden Rückgangs der Waldgebiete wurde bereits im 17. Jahrhundert mit Aufforstung begonnen. Nadelholz erwies sich dabei als sehr schnell wachsend und robust. „Die Nadelwälder sind das Ergebnis menschlichen Tuns“, so Pfüller. Da jedoch im letzten Jahrhundert eine nachhaltigere und rücksichtsvolle Forstwirtschaft betrieben wurde, gebe es inzwischen wieder mehr Wald als vor 200 Jahren.
Wie der Homo sapiens in seiner Art, ist auch der Baum das am höchsten entwickelte Glied innerhalb der Pflanzengruppe. Ähnlich wie bei uns Menschen schüttet er Hormone aus. Phytohorme sind unter anderem für das Austreiben im Frühjahr verantwortlich. Ebenfalls vergleichbar ist der Genpool, der ähnlich wie bei uns Mensch aufgebaut ist. Dies zeigt sich auch darin, dass kein Baum dem anderen gleicht. Dem menschlichen Gleichgewichtssinn ist der negative Geotropismus gleichzusetzen. Dieser sorgt dafür, dass Bäume sprichwörtlich in den Himmel wachsen. Bäume sind auch teamfähig. Im Hochgebirge oberhalb der Waldgrenze stehen Bäume meistens in Gruppen. In diesem „Team“ können sie sich besser gegen die Witterungseinflüsse behaupten.
Auch das Thema Migration wurde angesprochen. Da der Klimawandel fortschreitet, wird in der Forstwirtschaft darüber diskutiert, die Douglasie in unseren Wäldern anzusiedeln. Dieser, vorwiegend in Nordamerika und Kanada beheimatete Nadelbaum, könne die zunehmenden Klimaveränderungen besser vertragen als Fichte und Kiefer. Ein weiterer Aspekt sei, dass die Douglasie noch vor der letzten Eiszeit in Mitteleuropa heimisch war.
Zum Abschluss sprach der Forstoberrat über die Renaturierung der Wälder. Für uns Deutsche sei zum Beispiel ein ordentlicher, gepflegter Vorgarten ein schöner Vorgarten. Das trifft nicht auf Wälder zu. Bewusst werden Tothölzer im Wald belassen. „Totholz bedeutet Leben“, so Pfüller. Dies sei ein wichtiger Spruch in der Forstwirtschaft. Ein totes Gehölz bietet Unterschlupf und Nahrung für viele Tiere und Insekten. Deshalb sei Ästhetik im Wald fehl am Platz.