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Weder Schulden noch Aufträge

Mellrichstadt

Weder Schulden noch Aufträge

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    Und doch ist es so. Den Blick nach draußen prägen im Gegensatz zu der Hektik drinnen Stille und Harmonie. Direkt gegenüber dem Fladunger Röllweg kündigen sanft geschwungene Hügel die nahe Rhön an. 1962 verschlug es ein zehn Jahre altes Unternehmen aus einem recht unbekannten Ort bei Gütersloh mit einer Zweigniederlassung in diese Landschaft.

    Die Faust GmbH suchte für Fladungen einen Teilhaber und Arnold Gehle, Besitzer der Bekleidungsfirma Eos-Moden in Rietberg, schlug bei diesem Angebot zu. Kurze Zeit später baute er für seine Zweigniederlassung ein eigenes Firmengebäude. Mehr als 40 Jahre wurden in Fladungen Röcke, Hosen, Kombinationen, Blusen und Kleider, alles für Damen, gefertigt. Immer dem Trend der Zeit passte man sich an. Beweis dafür war zuletzt die Fertigung von Landhausmode seit den 90ern.

    "Und Steghosen zum Skifahren produzierten wir, damit fing alles an", erinnert sich die Fladunger Betriebsleiterin Emmy Breunig an bessere, an richtig gute Zeiten. In den Anfangsjahren bestellte alleine C&A 20 000 dieser damals topmodischen Stücke pro Auftrag. Teilweise bis zu 100 Mitarbeiter fertigten in der selbstständig arbeitenden Niederlassung Kleidung für drei bis vier Jahres-Kollektionen. Der Ausstoß betrug in diesen Zeiten 1200 Teile pro Tag. Zum Vergleich: In den letzten Jahren hatte sich diese Zahl auf ein gutes Fünftel verringert.

    Einige Abnehmer waren Fladungen zwar treu, bestellten aber in viel geringeren Mengen als in den Jahren zuvor. Vor allem Großhandel, mittlerer Versandhandel und Modefachgeschäfte zählten zu den Kunden von Eos.

    Auch in Fladungen spürte man Mitte der 80er Jahre erstmals eine Rezessionswelle. Ein paar Wochen Kurzarbeit - und das Ganze schien wieder vergessen. 20 Jahre zuvor waren Arbeitskräfte Mangelware, unmöglich, dass es auf einmal die Arbeit sein sollte, von der es zu wenig gab. Nach der Grenzöffnung konnte Eos zunächst noch 15 Frauen einstellen. Allerdings nicht für lange. Unregelmäßig oft und immer wieder war Kurzarbeit angesagt, der Mitarbeiterstab wurde auf zuletzt 50 reduziert.

    "Alle großen Unternehmen wanderten ins östliche Ausland aus. Neben Gerry Weber oder Steilmann konnten wir bei unseren Lohnausgaben einfach nicht mehr bestehen, der Preiskampf war unglaublich", spricht Breunig einen bekannten und bislang nicht zu bändigenden Umschwung in der deutschen Wirtschaft an.

    "Sieben magere Jahre" wollte Gehle durchhalten - und den 50. Geburtstag von Eos Rietberg feiern. Beides schaffte er. Der Geschäftsmann kämpfte gegen die Konkurrenz, investierte und machte Breunigs Angaben zufolge mit seinen zwei Werken seit Mitte der 90er Jahre keinen Gewinn mehr. "Das Unternehmen stand finanziell auf soliden Füßen", macht Breunig klar. Bis heute sind keine Bank- oder Lieferantenschulden angefallen. Sogar rund sieben Millionen Euro Verlust konnten Eos und Gehle in den letzten acht Jahren auffangen. Und Gehle wollte partout nicht ins Ausland gehen. Sondern den Menschen in der Rhön-Region Arbeit geben. Das teilte er ihnen auf einer Versammlung 1993 klipp und klar mit.

    Nun ist der Chef im März dieses Jahres gestorben, seine Frau Agnes, Gesellschafterin von Eos, schwer krank. "Es blieb nur diese Möglichkeit", kämpft Breunig mit den Tränen. Im Mai meldete der vorgesehene Erbe, ein Neffe Gehles, Insolvenz an, zum 30. September wurden bis auf sechs Kräfte alle entlassen. Dass das Ende so schnell kommen könnte, sei überraschend gewesen. Dass es kommen würde, dagegen nicht. Die Tatsache, dass Eos führungslos war, wirkte wie ein Beschleuniger, erläutert die Betriebsleiterin. "Wir sind ein Opfer der Import-Industrie", bilanziert Breunig traurig.

    Bis 20. Dezember hat nun der Werksverkauf noch geöffnet. Aus dem gesamten Eos-Angebot können dort Schnäppchen zu günstigen Preisen gemacht werden. Nur die Steghosen, die sind leider ausverkauft.

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