Bad Neustadt (il) Um jahrzehntelange Höchstleistung als Musiker und daraus resultierende Krankheiten ging es bei einer Fachtagung der Psychosomatischen Klinik Bad Neustadt. Zum zweiten Mal befasste man sich dort mit dem Thema Musikermedizin.
Die Veranstaltung fand unter wissenschaftlicher Leitung von Dr. Rudolf Knickenberg, Professor Sebastian Kerber sowie Professor Helmut Möller statt und richtete sich an Musiker, Ärzte und Therapeuten. Doch auch interessierte Laien konnte noch einiges dazulernen in Sachen Prävention und Behandlung berufsspezifischer Erkrankungen bei Musikern.
So können zum Beispiel Haltungsschäden oder neurologische Störungen vorkommen, bei Musikern mit Streichinstrumenten etwa Beschwerden im Hand- oder Ellenbogengelenk. Auch Hörschäden wie Schwerhörigkeit oder Tinnitus sind möglich und beeinträchtigen die Berufsausübung als Musiker oft ganz erheblich.
Schwerer zu diagnostizieren sind in der Regel psychische Störungen, denn die Grenze zwischen "Lampenfieber" und einer ernsthaften Angststörung, der so genannten Aufführungsangst, ist fließend. Dennoch treten Angstsyndrome bei Musikern dreimal häufiger auf als in der Durchschnittsbevölkerung. Frauen sind davon überproportional häufig betroffen.
Handlungsbedarf besteht, wenn Angst die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt oder zu Vermeidungsstrategien führt. Eine weitere Gefahr: Der Versuch, Angst mit Hilfe von Alkohol und Psychopharmaka zu überwinden, kann zudem in eine Suchterkrankung führen.
Dagegen helfen kann zum Beispiel, sich vor dem Auftritt mit dem Raum der Aufführung vertraut zu machen. Das Warm-up kann neben dem bloßen Einspielen auch Methoden zur Spannungsreduktion wie etwa Autogenes Training und mentale Übungen beinhalten, die destruktives Denken und Selbstentwertung vermeiden und stattdessen das Selbstbewusstsein gezielt fördern. Auch eine Psychotherapie hilft oft, Angstsyndrome zu überwinden.
Ziel ist, zu Kreativität, Spontaneität, Freude und Ausdruck von Emotion in der Musik zu gelangen, wo oft der Anspruch an Perfektion, Disziplin und Pflichterfüllung bis hin zur Selbstkasteiung herrscht - nicht selten bedingt durch die Anforderungen, die schon im Kindes- und Jugendalter gestellt werden.
Im Sinne der Prävention wäre sinnvoll, den Umgang mit der Präsenz, dem Sich-exponieren auf der Bühne und den damit verbundenen psychischen Anforderungen zum festen Bestandteil der Musikerausbildung zu machen, sodass geeignete Strategien zum Umgang mit Aufführungsangst entwickelt werden können.