Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Rhön-Grabfeld
Icon Pfeil nach unten
Mellrichstadt
Icon Pfeil nach unten

HEUFURT: Wenn der Wald verwahrlost

HEUFURT

Wenn der Wald verwahrlost

    • |
    • |
    Bastian Betz wies an einem Beispiel nach, wie aus einer sehr alten Eichenwurzel Zwillingsstämmchen herauswuchsen. Insgesamt stehen diese relativ dünnen Stämme viel zu dicht und müssten ausgelichtet werden.
    Bastian Betz wies an einem Beispiel nach, wie aus einer sehr alten Eichenwurzel Zwillingsstämmchen herauswuchsen. Insgesamt stehen diese relativ dünnen Stämme viel zu dicht und müssten ausgelichtet werden. Foto: Foto: Fred Rautenberg

    Dem aufmerksamen Wanderer im Wald mag es auffallen: An ein sauber durchforstetes Waldstück grenzt ein anderes Waldstück, wo selbst der Laie sieht, dass es förmlich „nach der Axt schreit“. Schuld daran sind „altrechtliche Waldkörperschaften“. Auf solche Waldteile machte Bastian Betz in einem Vortrag in Fladungen aufmerksam.

    Bastian Betz ist Student der FH Erfurt und hat seine Masterarbeit in der Fachrichtung „Management von Forstbetrieben“ abgeschlossen. In dieser Arbeit untersuchte er die „entgangene Wertschöpfung in altrechtlichen Waldkörperschaften“. Der Vortrag in Fladungen gehörte zur mündlichen Prüfung. Dritter Teil der Prüfung war eine Führung in Waldgebiete von Heufurt, in denen noch der Status altrechtlicher Waldkörperschaften gültig ist. Hier zeigte er, welche Folgen das bis zum heutigen Tag hat.

    Vortrag als Teil einer Prüfung

    Unter den Besuchern des Vortrags war Betzens Professor Dr. Erwin Jüngel von der FH Erfurt, der seinen Kandidaten auch als Erstbegutachter beurteilen musste. Vom Amt für Ländliche Entwicklung Würzburg war Bernd Günzelmann (als Zweitbegutachter von Betz) zusammen mit Lia Steffke dabei. Die Bayerische Forstverwaltung war durch Erwin Kruczek und durch Alois Beer vertreten, das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bad Neustadt durch Mathias Pfüller und den Revierleiter Ingo Büttner.

    Ebenfalls anwesend war Andree Link, der Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Obere Rhön, die unter anderem die Waldkörperschaft Heufurt bewirtschaftet. Fladungens stellvertretende Bürgermeisterin Eva Kalla bekundete ihr Interesse durch ihre Anwesenheit, ebenso Thomas Fischer, der Bürgermeister von Nordheim.

    Die fränkische Erbteilung als Problem

    An den Anfang seiner Ausführungen stellte Betz die Vorzüge des gemeinwirtschaftlichen Waldbesitzes gegenüber dem Kleinst-Privatwald, wie er durch die fränkische Erbteilung in immer kleinere und unrentable Parzellen zerteilt wurde, und wie er sich auch in Rhön-Grabfeld findet. Im Regierungsbezirk Unterfranken gibt es noch über 9000 Hektar solcher Forstflächen. In Heufurt sind elf solcher altrechtlichen Waldkörperschaften anzutreffen.

    Deren Flächen variieren zwischen 50,5 und 0,2 Hektar). Dass bisher keine durchgreifenden Änderungen herbeigeführt worden sind, liege daran, dass Bayern noch kein Gemeinschaftswaldgesetz für die altrechtlichen Körperschaften erlassen hat, wie es die Bundesländer Hessen und Thüringen längst haben.

    Keine Satzung, entfremdete Erben

    Aus diesem altertümlichen Status ergeben sich zahlreiche Probleme, führte Betz aus. So etwa das Fehlen einer gültigen Satzung, altertümliche Maßeinheiten oder die Unvereinbarkeit mit heutigem Recht. Die Erbengemeinschaften haben sich oft dem Wald entfremdet, vielfach sind die Besitzer nicht mehr aufzufinden oder verstorben.

    Sein Fazit: Viele Faktoren wirken hemmend zusammen, so dass die altrechtlichen Waldteile nicht sinnvoll genutzt werden können, obwohl die Nachfrage nach Holz sehr wohl vorhanden ist. Wenn man das Problem lösen wolle, müsse man die berechtigten Teilhaber der Waldstücke finden, durch freiwilligen Landtausch die Strukturmängel beheben, eine weitere Aufsplitterung durch Erbteilung vermeiden und die Teilhaber ermutigen, „sorgsam mit ihren Waldanteilen zu verfahren“.

    Möglichkeit der Enteignung schaffen

    Der Gesetzgeber müsste endlich das Problem aufgreifen, forderten die Forstleute. Dazu aber bräuchten die altrechtlichen Waldbesitzer eine Lobby in Form eines Zusammenschlusses, die dann bei der Politik entsprechend initiativ wird. Einer der Teilnehmer brachte es wenig später bei der Waldbegehung auf den Punkt: Der Gesetzgeber muss einen juristischen Weg bereiten, wie unauffindbare Waldbesitzer zwangsenteignet werden können, so dass deren Wald in Gemeinbesitz übergeht.

    Verwahrloste Waldstücke

    Betz hatte nämlich die Versammlung nach der Mittagspause hinaus in den Heufurter Wald geführt. Dort hatte er drei Stationen ausgesucht: Roth, Stetterholz und Beckeneller. Teilweise war eine drastische „Wohlstandsverwahrlosung“ zu erkennen, wie ein Forstmann mit größter Deutlichkeit sagte. In einem Teil war früher die Rinde von Eichen geschält worden, um daraus Gerbstoffe für die Lederherstellung zu gewinnen. Jetzt stehen vergleichsweise dünne Eichenstämme viel zu dicht nebeneinander, teilweise als Zwillinge und Drillinge gewachsen aus derselben Uralt-Wurzel.

    An allen drei Stationen trug Betz wichtige Eckdaten zu den Waldstücken vor: zur Größe der Fläche (z. B. Roth: nur 0,2 ha!), zur Anzahl der Teilhaber (z. B. Stetterholz 89 Personen) und zu den Grundbucheinträgen. Aus diesen geht hervor, dass einige der Teilhaber schon über hundert Jahre alt sein müssten, wenn sie noch leben. Betz führte die Versammlung auch zu Grenzsteinen hin, die oft in verwirrender Dichte stehen, so dass man kaum noch die verbindenden Grenzlinien nachvollziehen kann.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden