Irgendwie lag ein Hauch von Spiritualität über allem, so als sollte ein ganz besonderer Gottesdienst gefeiert werden. Der Liedermacher Clemens Bittlinger war gekommen, um sein neuestes Album "Bilder der Passion" in der Sulzfelder Pfarrkirche vorzustellen. Wie immer, wenn Bittlinger ins Grabfeld kommt, gibt es viele alte Bekannte und Freunde, die sich schon lange vorher auf seinen Auftritt freuen. Man kennt ihn und man schätzt ihn seit der Zeit, als er in Bad Königshofen Schüler war und man hat seinen Weg an die Spitze immer voller Interesse mitverfolgt. Alle möchten gerne live miterleben, wie der überaus populäre Pfarrer den Menschen mit seiner Musik Glauben nahe bringt.
Mit dabei waren als Interpreten an diesem Abend, wie immer, wenn Clemens Bittlinger auftritt, David Plüss, der Schweizer Pianist, sein Begleiter von Anfang an, und die Flötistin und Sängerin Bettina Kahl. In seinem neuen Album lässt Bittlinger die letzten Tage des Jesus von Nazareth lebendig werden. Dazu diente einmal die Leinwand, die Bilder zeigt von Jerusalem, dem Tempel, dem Dom, dann seine Texte, die Musik. Doch das ist nur die eine Seite. Immer wieder stellt Bittlinger auch den aktuellen Bezug zur Gegenwart her. Die Figur des Judas dient zu einem Exkurs über die Käuflichkeit der Welt. "Wir sind schon alle eingekauft", dazu erst das Bild von einer Hand, in der sich ein paar Münzen befinden - die 30 Silberlinge, die Judas erhielt, danach aber Bilder in der Art moderner Architektur von Banken, den Palästen unserer Tage. Mitten in der Atmosphäre des Gartens von Gethsemane, wo Jesus in seiner Verzweiflung von den Jüngern allein gelassen wird, singt Bittlinger das Lied von den "Kreuzwegen des Lebens, die wir alleine gehen müssen" . Mit diesem Lied lässt Bittlinger den Liedermacher Reinhard Mey zu Wort kommen. Aber ist der Mensch in seinem Leid wirklich allein? Erst ganz am Schluss seines Albums hält Bittlinger dagegen mit seinem Lied "Wer glaubt, ist nicht allein." Das ist seine Botschaft, die christliche Botschaft, die den Menschen Hoffnung macht, sie Kraft im Glauben finden lässt. Viele immer noch aktuelle Themen zeigt Bittlinger in den "Bildern der Passion" auf. Passion, sagt er, gab es nicht nur damals, reichlich Qualen gibt es auch heute noch. Und er spricht von der Gewalt, mit der Menschen "andere auf die Knie oder den Strich zwingen". Doch Gewalt war weder damals noch ist sie heute eine Lösung "auch wenn es so scheint". Faszinierend wie Bittlinger diesem Lied mit einem aggressiven Tangorhythmus einen ganz besonderen Stellenwert verleiht. Doch das mit der Gewaltfreiheit ist Menschen nur schwer verständlich zu machen. Auch die Anhänger von Jesus, so Bittlinger, waren enttäuscht von ihrem Herren, der sich nicht wehrte, wie man es sich doch von einem König erhofft hatte. Gerne hätten sie ihn zum Schwert greifen sehen. Bittlinger spricht vom Mobbing der Hohen Priester, die Jesus als unliebsamen Konkurrenten loswerden wollten. Und nennt die letzten Worte von Jesus am Kreuz eine tiefenpsychologische Analyse.
Nur wenn man ohne Vorbehalte vergibt, kann die Spirale der Gewalt beendet werden. So gibt es viel Nachdenkliches in Bittlingers Texten, die sich oft sehr eng an biblische Vorlagen halten. Die knappen, aber aussagekräftigen Texte, vor allem ihre musikalische Umsetzung ziehen seine Zuhörer in den Bann. Bittlinger als Sänger, als Gitarrist, Plüss als Meister am Keyboard und Bettina Kahl, die mit ihren diversen Flöten besonders viel Atmosphäre zu schaffen verstand, eine stimmige Kombination! Die Zuhörer konnten sich immer wieder auch selbst einbringen und mitsingen, die Texte waren auf der Leinwand eingeblendet.
So war es wirklich, obgleich ein Konzert und auch eine Show, eine Art von Gottesdienst, der da in Sulzfeld stattfand. Als Pfarrer Bittlinger die Menschen in der Kirche mit dem Schlusssegen entliess, gab er jedenfalls allen eine Ahnung von der Bedeutung der Passion mit auf den Weg.
Zur Person
Clemens Bittlinger
Bittlinger, der in Bad Königshofen
sein Abitur gemacht hat, hat im
Grabfeld auch seine Frau kennen
gelernt. Nach dem Studium wurde
er evangelischer Pfarrer und er ist
inzwischen als "Pop-Priester" in
ganz Deutschland bekannt und hat
zahlreiche CD's veröffentlicht.