Für Peter Schindler war das Wiedersehen so etwas wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk: Vor einigen Tagen schaute sich der Eyershäuser zusammen mit seiner Frau Rosemarie in einer Halle in Haßfurt ein Segelfugzeug an, das sein Vater Rudolf in den 1950er Jahren in einer Holzbaracke in Sulzdorf an der Lederhecke gebaut hatte.
Dass der 74-jährige frühere Maschinenbau-Unternehmer, der mehr als 30 Jahre lang in Bad Königshofen einen eigenen Betrieb führte, noch einmal einen Flieger aus der Werkstatt seines Vaters zu Gesicht bekommen würde, damit hatte er nicht gerechnet. „Es existieren wohl nur noch ganz wenige Exemplare dieses Flugzeugtyps“, vermutet Schindler, der als Kind seinem Vater öfter bei der Arbeit über die Schulter geschaut und auch beim Zusammenbau der Segelflieger mitgeholfen hat. So kann er sich noch gut daran erinnern, dass das erste Exemplar des „Grunau Baby III“ aus der Sulzdorfer Segelflieger-Manufaktur am 15. April 1954 die Werkstatt verließ. Der Jungfernflug erfolgte am Weinberg in Sulzdorf. „Um für den gerade gegründeten Flugsportclub Königshofen zu werben, wurde eines der Flugzeuge 1957 auf dem Königshöfer Marktplatz ausgestellt“, erinnert sich der Eyershäuser.
15 Exemplare waren geplant
15 Exemplare des „Grunau Baby III“ wollte der Schreinermeister Rudolf Schindler in einer ersten Serie mindestens bauen. „Verkauft werden sollten sie vor allem nach Süddeutschland“, so Peter Schindler. Aus wirtschaftlichen Gründen habe die Produktion aber bald wieder eingestellt werden müssen. „Wie viele Flugzeuge mein Vater letztlich gebaut hat, weiß ich nicht mehr genau.“
Umso größer die Freude, dass jetzt, nach rund 60 Jahren, eines der wenigen gebauten Exemplare in Haßfurt aufgetaucht ist. Dass er das Flugzeug vor wenigen Tagen in Augenschein nehmen konnte, war allerdings kein Zufall. Der Ruheständler ist früher selbst geflogen und hat bis heute gute Kontakte in die Segelfliegerszene. So kennt er den aus Eyershausen stammenden Fluglehrer Peter Volz sehr gut. Und der hatte vor kurzem Wind davon bekommen, dass der Pilot Erwin von der Forst aus Pfarrweisach (Lkr. Haßberge) ein seit Jahrzehnten eingemottetes „Grunau Baby“ gekauft und in seinem Hangar in Haßfurt eingelagert hat.
„Wir haben dann sofort einen Termin ausgemacht und uns das Baby angeschaut“, erzählt Peter Schindler. Was er zu sehen bekam, hat ihn begeistert – auch wenn das Fluggerät derzeit noch in seine Einzelteile zerlegt ist. „Das Segelflugzeug ist in einem hervorragenden Zustand“, schwärmt er.
Der neue Besitzer, der über zehn Jahre nach einem „Grunau Baby“ fahndete, will es nun so schnell wie möglich wieder zusammenbauen und dann als technisches Denkmal in die Oldtimer-Charta in Braunschweig aufnehmen lassen. Doch damit nicht genug: Der Flieger aus Sulzdorf soll wieder abheben – vielleicht schon im Sommer kommenden Jahres. Ein möglicher Startplatz wäre nach den Worten von Peter Schindler das Fluggelände des Saaler Flugsportvereins.
Gerne würde der Sohn des Konstrukteurs das erste Segelflugzeug aus der Werkstatt seines Vaters dann selbst steuern. Doch daraus wird nichts. „Ich habe zwar eine Fluglizenz, doch die ist längst abgelaufen“, so Peter Schindler. Mitfliegen ist auch nicht möglich, denn in das Segelflugzeug passt nur der Pilot. „Ich freue mich trotzdem schon sehr auf den Moment, wenn der Flieger meines Vaters im nächsten Jahr wieder abheben wird.“