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STOCKHEIM: Wilhelm spendet seine Haare

STOCKHEIM

Wilhelm spendet seine Haare

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    Die Haare sind ab: Stolz zeigt der sechsjährige Wilhelm seine Zöpfe, die er für die Initiative „Rapunzel“ spendet. Die Haare werden zu einer Perücke verarbeitet.
    Die Haare sind ab: Stolz zeigt der sechsjährige Wilhelm seine Zöpfe, die er für die Initiative „Rapunzel“ spendet. Die Haare werden zu einer Perücke verarbeitet. Foto: Foto: Simone Stock

    Heute ist ein schöner Tag!“ Der kleine Wilhelm strahlt, als er auf dem Stuhl im Friseursalon Platz nimmt. Minuten später hält er zwei lange Zöpfe in der Hand. Der Sechsjährige aus Stockheim hat sich seine 30 Zentimeter lange Haarpracht abschneiden lassen und will die Zöpfe spenden – „damit kranke Kinder wieder Haare haben“.

    Jahrelang war der kleine Junge stolz auf seine blonde Mähne, die Mutter Diana Pachovsky fast nie schneiden ließ – „höchstens mal die Spitzen“. Im Kindergarten war Wilhelm mit seiner Haarpracht etwas Besonderes, und wenn ihn jemand fragte, wie lang er seine Haare noch wachsen lassen wolle, sagte der Knirps: „Bis zum Boden und wieder hinauf.“ Mit einem Schlauchtuch bändigte der Frechdachs die zuletzt weit über die Schultern hinabreichenden Wellen – das Bikertuch war schnell Wilhelms Markenzeichen.

    Im vergangenen Jahr kam Wilhelm in die Schule – und nach ein paar Monaten gefielen ihm seine langen Haare nicht mehr. Im Sportunterricht musste er sich einen Zopf binden und fing sich damit Spötteleien ein. Von seinen Schulkameraden gehänselt zu werden, setzte dem Sechsjährigen zu. Und eines Tages kam er nach Hause und sagte klipp und klar: „Mama, ich schneide mir die Haare ab!“

    Zöpfe versteigern für den guten Zweck

    Das sollte dann doch lieber der Friseur übernehmen. Und die Haare sollten nicht in der Mülltonne landen, sondern für einen guten Zweck verwendet werden. Diana und Manfred Pachovsky hatten in der Main-Post einen Artikel über ein Mädchen aus dem Landkreis Kitzingen gelesen, das seine Haare der Initiative „Rapunzel“ des Bundesverbands der Zweithaar-Spezialisten (BVZ) gespendet hatte. Dort werden Zöpfe gesammelt und dann an Perückenmacher versteigert. Das Geld wird an Initiativen für krebskranke Kinder gespendet, damit Eltern beispielsweise in der Nähe der Klinik wohnen können. „Das wollen wir unterstützen“, sagte Diana Pachovsky und machte den kleinen Wilhelm auf diese Möglichkeit aufmerksam.

    Dass seine Haare für andere Kinder etwas Wertvolles sind, fand der Sechsjährige klasse. Obwohl er zunächst seine Haare behalten wollte, entschied er sich für die gute Sache und stapfte voller Vorfreude in den Friseursalon. Für Chefin Christiane Reuß aus Stockheim war dieser Termin eine Premiere: Zum ersten Mal wollte ein Kunde in ihrem Salon Haare spenden. „Eine tolle Sache“, fand die Friseurin, die die Familie Pachovsky schon lange kennt und schnell einen guten Draht zum kleinen Wilhelm hatte. Gemeinsam blätterten Christiane Reuß und der Sechsjährige ein Buch mit Frisuren durch, bis der Junge den passenden Look gefunden hatte.

    Schnipp, schnapp, Zöpfe ab

    Dann ging's ans Werk – und alles ganz schnell. Schnipp, schnapp waren die langen Zöpfe ab – und Wilhelm hält sie stolz in die Kamera. Mutter Diana hält den Augenblick im Bild fest. Ihr fällt der Abschied von Wilhelms Haarpracht deutlich schwerer als dem Knirps selbst. Schwester Mathilda beobachtet die Szene aus dem Hintergrund – sie hat heuer Kommunion, aber danach könnte sie doch auch ihre Haare spenden, überlegt sie laut.

    Der kleine Wilhelm jedenfalls genießt sichtlich die Aufmerksamkeit, die er für seine Aktion bekommt. „Das kann ein Beispiel für andere sein, ebenfalls seine Haare zu spenden“, sagt Christiane Reuß und will ihre Kunden künftig auch auf diese Möglichkeit aufmerksam machen. Das geht aber nur, wenn die Haare nicht gefärbt und dauergewellt sind.

    Erlös geht diesmal an die Aktion Pink

    Wie der BVZ auf seiner Homepage mitteilt, „trudeln bei uns täglich weiter die schönsten Zöpfe ein, die dann im April 2017 unter den Hammer kommen“. Aus den versteigerten Locken werden Perücken gefertigt, über die sich kranke Menschen freuen. Der Erlös aus der Versteigerung ging in den vergangenen Jahren an die McDonalds Kinderhilfe und ihre angeschlossenen Ronald-McDonald-Häuser. 2016 wurde die bisher höchste Spendensumme von 17 000 Euro erzielt, so der BVZ. In diesem Jahr soll der Verein „Aktion Pink“ unterstützt werden. Dieser finanziert modellhafte Projekte zur Heilung von Brustkrebs und betreibt Aufklärungskampagnen.

    Mutter Diana ist stolz auf ihren Jüngsten. „Man kann auch mit kleinen Dingen Gutes tun“, das will sie ihren Kindern vermitteln. Weil Friseurin Christiane die Aktion des Sechsjährigen so toll fand, wollte auch sie ihren Beitrag leisten – der Haarschnitt für den kleinen Kunden war gratis. Ein Haargel zum Stylen des neuen frechen Schnitts gab es noch dazu. Der kleine Wilhelm ist jedenfalls happy mit seinem neuen Look, auch wenn es noch etwas ungewohnt ist. „Mama, ich hab kurze Haare“, waren seine ersten Worte am Morgen danach. Woraufhin er sich durch die Haare fuhr und cool anmerkte: „Da muss ich mich erst noch dran gewöhnen.“

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