Kira zeigt sich an diesem Tag von ihrer besten Seite. Zufrieden schnaufend liegt die zwölf Jahre alte Schäferhundedame mit dem weißen Fell auf dem Ladenboden und genießt die Kühle der Steinplatten.
Wenn allerdings in Kira der Wachhund durchkommt, kann es schon passieren, dass sie den ein oder anderen Kunden anknurrt, der in die Verkaufsräume der Firma mit dem Namen Emil Fellmann Haushalts- und Eisenwaren tritt.
Die meisten lassen sich freilich nicht abschrecken, sie wissen, dass Kira zum Laden gehört, wie die Schubladen-Schrankwand mit den Schrauben, Beschlägen und Griffen und vielem mehr. An deren Alter kann sich nicht einmal Ingrid Ankenbrand erinnern. Möglich, dass sie zum Originalinventar gehört oder im Zuge des Umbaus in den 50er Jahren angeschafft wurde. Zusammen mit ihrem Mann Hermann hat sie das Geschäft in der Martin-Reinhard-Straße 1975 von ihrem Großvater Emil Fellmann übernommen, der es 1937 in dem 1728 erbauten Haus gegründet hatte.
Manches hat sich nicht verändert in all den Jahrzehnten. Noch immer kann man in dem Laden in Zeiten von XXL-Packungen selbst Schrauben und Nägel einzeln kaufen. Zwei, drei oder fünf – das sei kein Problem, sagt die Chefin und schmunzelt. „Alles was aus Eisen oder Stahl ist, gibt es einzeln.“ Im Laufe der Zeit haben die Ankenbrands ihr Sortiment um einen Schlüsseldienst und einen Angelshop erweitert. Denn sie spüren schon lange die Konkurrenz der großen Märkte. „Früher haben wir mehr Schrauben verkauft.“
Holzrechen aus der Rhön
Auf einem anderen Regal unter der alten Stuckdecke stehen Töpfe zum Einwecken, gleich daneben die passenden Gläser. Wer weiter stöbert findet Äxte, Gartenscheren, Gummihandschuhe, Mausefallen, Stricke, oder Haushaltskassen. Im Schaufenster wird neben einer bunten Auswahl an Gebrauchsgegenständen auch eine Kuchenform präsentiert – die passend zur Europameisterschaft – einen halben Fußball darstellt.
Hier findet man nicht nur Gebrauchsgegenstände des täglichen Bedarfs, sondern auch Dinge, die man andernorts vergeblich sucht. Holzrechen aus der Rhön zum Beispiel oder echte Sensen, die kaum noch jemand richtig handhaben kann. „Die VHS gibt wieder Kurse“, sagt Tochter Susanne Haßmüller, die in ihrer Freizeit im Laden mithilft.
Ob sie einmal das Geschäft übernimmt, wenn ihre Mutter mit Erreichen des Rentenalters in gut zweieinhalb Jahren aufhören wird, das sie lässt offen. „Mal sehen, was die Zukunft bringt“, sagt sie mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Grundsätzlich kann sie sich aber schon vorstellen, weiterzumachen.
Auffallend ist das große Angebot an verschiedensten Messern. „Dieses Geschäft läuft nicht mehr so gut“, sagt die Inhaberin. Was aber nicht an der Konkurrenz der Märkte auf der grünen Wiese liege, sondern an veränderten Vorschriften. Die Leute seien verunsichert, was vor dem Gesetz schon als Waffe gilt, und was noch als Taschenmesser durchgeht.
„Das hier“, sagt Ingrid Ankenbrand, und deutet auf ein lilafarbenes Stück Metall in einer Schachtel – „Das hier ist ein Rettungsmesser.“ Damit können Autofahrer im Notfall den Sicherheitsgurt durchtrennen und mit dem Eisendorn am Knauf die Scheibe einschlagen. Griffbereit offen im Auto liegen dürfe das Rettungsmesser aber nicht.
Die Angelabteilung ist das Reich von Hermann Ankenbrand, der hier quasi ein Hobby zu einem Teil seines Berufs gemacht hat. Neben Rute, Blinker und anderen Fachutensilien gibt es auch lebende Mehlwürmer und Angelkarten für den Ellertshäuser See.
Für die Königshöfer ist die Riesenauswahl auf kleinem Raum keine große Sache, kennen viele doch den Laden schon von Kindes Beinen an. Wenn allerdings Fremde den Laden entdecken, ist das Erstaunen oft groß. „So was gibt es bei uns gar nicht“, hat Ingrid Ankenbrand schon von vielen Campern gehört, die einen Fuß in ihr Geschäft gesetzt haben. Und wenn die dann noch in der Abteilung mit den Backutensilien einen Plätzchenausstecher in Wohnmobilform finden, ist die Begeisterung perfekt.